Wieder einmal hat die chinesische Regierung bewiesen, dass sie die Menschenrechte, insbesondere das Recht auf Freiheit der Meinung, nicht achtet und sich nicht scheut, diese Rechte in grober und grausamer Weise zu verletzen. Wir sind empört über die Festnahme des chinesischen Künstlers Ai Weiwei, weil sie allen Thesen von einer mählichen Verbesserung der Verhältnisse widerspricht. Mehr noch – sie ist in einer Kette von Ereignissen nur ein weiterer Beleg für die selbstherrliche Uneinsichtigkeit der chinesischen Führung. Liu Xiaobo, der Friedensnobelpreisträger, ist zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Die chinesische Regierung setzte unverfroren Staaten unter Druck, um sie daran zu hindern, an der Feier zur Verleihung des Preises in Oslo teilzunehmen. Seitdem stehen die Ehefrau und mehrere Freunde von Liu Xiaobo unter Arrest. Weitere Verhaftungen folgten.
Das letzte Beispiel war, dass unser Mitglied, der Sinologe und China-Experte Tilman Spengler, der im November die Laudatio auf Liu Xiaobo hielt, als das PEN-Zentrum Deutschland diesen mit dem Hermann-Kesten-Preis ehrte, daran gehindert wurde, als Mitglied der Delegation von Außenminister Westerwelle nach Peking zu reisen, weil er, so die Begründung, „kein Freund Chinas“ sei. Diese skandalöse Zurückweisung, die ein Schlaglicht auf die Art und Weise richtet, wie die chinesische Führung die bilateralen Beziehungen zu gestalten gedenkt, blieb ohne angemessene Reaktion der deutschen Seite.
Die Reihung dieser Fälle von Restriktion und Verfolgung sowie nunmehr auch die Verhaftung des Künstlers Ai Weiwei zwingen zu der Frage, ob die Politik der freundlichen Worte, anstatt zu einer Wende zum Besseren zu führen, nicht in Wirklichkeit die chinesische Führung in ihrem Kurs bestätigt, ob damit nicht Verrat an den Verfolgten begangen wird.
Wir appellieren an die deutsche Bundesregierung, sich mit unmissverständlicher Deutlichkeit für die Wahrung der Menschenrechte in China einzusetzen. Mit der Ausrichtung einer erbaulichen Ausstellung zur „Kunst der Aufklärung“ in Europa wird dieses Ziel ganz offensichtlich nicht erreicht.
Für das PEN-Zentrum Deutschland
Dirk Sager
Vizepräsident