Ein jahrelanger Rechtsstreit um massive Beleidigungen gegen Renate Künast von der Partei Die Grünen im Internet ist zu Ende. Das Berliner Kammergericht (AZ 10 W 13/29) hat nun die Betreiber der Plattform facebook dazu aufgefordert, Nutzerdaten von mehreren Hasskommentaren herauszugeben. Nun kann die Bundestagsabgeordnete juristisch gegen die Personen vorgehen. Zuvor hatte bereits das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass hier härter gegen Verunglimpfungen im Netz vorgegangen werden muss.
Unterstützt wurde Renate Künast in ihrem Kampf gegen die Hasskommentare vom PEN Zentrum Deutschland. So hatte 2019 dessen damalige Präsidentin und heutige Generalsekretärin des PEN International Regula Venske an die 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin einen offenen Brief geschrieben. Venske schrieb: „Sie behaupten, sämtliche der in den inkriminierten Tweets enthaltenen Äußerungen seien zulässige Meinungsäußerungen. Dabei gelingt es Ihnen nicht, zwischen groben Beleidigungen und Gewaltphantasien bis hin zu Handlungsaufforderungen, in diesem Fall der Aufforderung zu sexueller Gewalt („Knatter sie einer …“) und Körperverletzung („die Fresse polieren“), zu unterscheiden. Wo ist etwa der Sachbezug zum hier behandelten Thema bei der Formulierung, die Antragstellerin gehöre „als Sondermüll“ „entsorgt“? Eine solche zugespitzte Formulierung wäre wohl in einer Satire, die sich zu Korruption in der Müllentsorgung äußert, denkbar. Im hier vorliegenden Kontext handelt es sich um eine weitere Gewaltphantasie.“
Regula Venske erinnerte an eine Aussage von Wolfgang Schäuble, der „eine Grenze zwischen zulässiger zugespitzter Meinungsäußerung und Hassbotschaft“ sieht. In klaren Worten formulierte sie in ihrem Brief an das Gericht: „Wofür Sie in Ihrem Urteil keine Sensibilität zeigen, ist die Frage, ob bei den klar erkennbar sexistischen Äußerungen nicht sogar der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt ist.“ Venske wies darauf hin, dass Künast nachweislich offen das Gespräch mit ihren Kritikern suche, sodass das bisherige Urteil über die Herausgabe der Nutzerdaten auch einer möglichen Aussöhnung im Wege stünde.
Erleichtert zeigt sich die Generalsekretärin des PEN International über das Urteil: “Der internationale PEN und die in ihm organisierten einzelnen Zentren setzen sich weltweit für die Freiheit des Wortes und verfolgte Schriftstellerinnen und Schriftsteller ein. Jedes Mitglied verpflichtet sich gemäß unserer Charta, mit äußerster Kraft für die Bekämpfung jedweder Form von Hass zu wirken sowie jeder Art der Unterdrückung der freien Meinungsäußerung entgegenzutreten. Die Balance zwischen beiden Aspekten auszuloten ist nicht immer leicht. Im Vertrauen auf unser Rechtssystem äußerte ich in meinem Offenen Brief damals die Hoffnung, dass dies der nächsthöheren Instanz besser gelingen möge als der zunächst mit der Causa befassten Kammer. Ich freue mich, dass meine Hoffnung nicht enttäuscht worden ist.”