Pressemitteilung, Darmstadt, 13. August 2019. Zum Jahrestag der „Hamburger
Erklärung“ am 15. August wiederholt der deutsche PEN die Forderung nach einem
„Lesepakt“ und einem breiten gesellschaftlichen Bündnis vieler Akteure in Bildung,
Kultur, Gesundheitswesen, Wirtschaft und Politik zur Förderung der Lesefähigkeit
unserer Kinder. Dass knapp ein Fünftel der Zehnjährigen in Deutschland nicht so lesen
kann, dass der Text zugleich auch verstanden wird, und dass Deutschland im
internationalen Vergleich unter dem EU- wie auch dem OECD-Durchschnitt liegt, ist ein
Skandal, der nicht hingenommen werden darf. Hier sind alle aufgerufen
gegenzusteuern, denen die Zukunft unseres Landes und der Zusammenhalt unserer
Gesellschaft am Herzen liegen. Es gefährdet die Demokratie, wenn ein beträchtlicher
Teil der Bürger nur noch unzureichend oder gar nicht mehr sinnentnehmend lesen und
somit gar nicht oder nur unzureichend mitreden kann.

V. l. n. r.: Regula Venske, Präsidentin des PEN-Zentrums Deutschland, Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Kirsten Boie, Autorin, übergeben am 6. Dezember 2018 die Petition an Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek und den Präsidenten der Kultusministerkonferenz Helmut Holter Copyright: Christian Thiel
Ob eine Aktion wie die der Stiftung Lesen, die zum Weltkindertag am 20. September
gemeinsam mit Amazon, Thalia und Hugendubel 1 Million Märchenbücher verschenken
will, wirklich dem Ziel der Leseförderung dient, mag freilich bezweifelt werden.
Hierzu sagte PEN-Präsidentin Regula Venske, die zu den Erstunterzeichnerinnen der
von PEN-Mitglied Kirsten Boie initiierten und am 15.8.2018 veröffentlichten „Hamburger Erklärung“ zählt und die Erklärung mit 110.000 weiteren Unterschriften gemeinsam mit
Kirsten Boie sowie Vertretern des Börsenvereins des deutschen Buchhandels am
6.12.2018 in Berlin an Bundesbildungsministerin Anja Karliczek und den Präsidenten
der Kultusministerkonferenz überreichte:
„Wer ernsthaft Leseförderung betreiben will, muss die betroffenen Kinder und ihre
Familien dort abholen, wo sie sind. Dazu ist viel Hingabe im Kleinen notwendig, in Kitas
und Schulen, in Stadtteilbibliotheken oder Buchhandlungen in manchmal schwierigem
Umfeld, die derzeit massiv gegen drohende Schließungen kämpfen müssen, nicht
zuletzt dank der Konkurrenz der großen Akteure, mit denen die Stiftung Lesen jetzt
kooperiert. Die Kollegin Kirsten Boie moniert zurecht, dass die kleinen,
inhabergeführten Buchhandlungen, die sich für Lesefeste und -nächte einsetzen,
Vorlesewettbewerbe veranstalten und ein zielgerichtetes Angebot machen, mit dem sie
die Kinder persönlich und altersgerecht ansprechen, in diese Aktion nicht einbezogen
worden sind (siehe ZEIT vom 1.8.2019). So stellt sich die Aktion der Stiftung Lesen vor
allem als PR- und Marketing-Aktion von Amazon, Hugendubel und Thalia dar. Es wäre
besser gewesen, wenn die Stiftung Lesen und ihre Mitstreiter den Betrag, den sie für
diese Aktion aufgewandt haben, solchen Projekten zur Verfügung gestellt hätten, die
sich längst in der Leseförderung engagieren und denen es in der Regel an Geld fehlt!
Und noch etwas: Dass der Etat für das Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) 2020 um 533 Millionen gekürzt werden soll und dass bis 2023 sogar ein Minus
von 2,3 Milliarden Euro geplant wird, muss in diesem Zusammenhang hochgradig
empören.“
Für das PEN-Zentrum Deutschland
Heinrich Peuckmann
Generalsekretär
PEN-Zentrum Deutschland e.V., Kasinostr. 3, 64293 Darmstadt
Tel.: 06151 / 23 120
E-Mail: info [at] pen-deutschland [dot] de
Das deutsche PEN-Zentrum ist mit seinem Geschäftssitz in Darmstadt eine von weltweit über 150 Schriftstellervereinigungen, die im PEN International zusammengeschlossen sind. PEN steht für Poets, Essayists, Novelists. Die ursprünglich 1921 in England gegründete Vereinigung hat sich als Anwalt des freien Wortes etabliert und gilt als Stimme verfolgter und unterdrückter Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Der deutsche PEN begleitet mit Initiativen und Veranstaltungen das literarische Leben in der Bundesrepublik. Er bezieht Stellung, wenn er die Meinungsfreiheit, gleich wo, in Gefahr sieht. Er mischt sich ein, wenn im gesellschaftlichen Bereich gegen den Geist seiner Charta verstoßen wird.