Yassin Al-Haj Saleh ist ein syrischer Schriftsteller und Regimekritiker, der schon in jungen Jahren die Auswirkungen der diktatorischen Regierung zu spüren bekam: Er saß 16 Jahre im Gefängnis. Nach seiner Entlassung schrieb er und engagierte sich weiterhin für ein demokratisches Syrien. Für die Zukunft ist sein größter Wunsch ein freies Syrien. Seit Dezember 2019 ist Saleh Stipendiat des Writers in Exile-Programms in Berlin.
Ausführliche Biographie
Interviews und Berichte
- “Social theory: Yassin al-Haj Saleh”
Vorstellung der Sozialtheorie Salehs von Prof. Simon Mabon auf der Website des SEPAD-Projekts (20.10.2022) - „Das Ukrainisch-Syrisch-Russische Dreieck und die Welt” – Artikel von Saleh für das International Socialism Project, in dem er sich mit der Reaktion auf den Krieg in der Ukraine des Westens und dessen Ignoranz gegenüber dem janusköpfigen Handeln Russlands beschäftigt (30.03.2022)
- „Warum die Ukraine eine syrische Angelegenheit ist” – Artikel von Saleh zum militärischen Handeln Russlands und die Rolle Syriens in dem internationalen Konflikt (05.03.2022)
- “Ein Foto aus Syrien” – Beitrag von Saleh für das Portal LCB diplomatique, in dem er anhand eines Fotos u.a. von dem Schicksal syrischer Freunde berichtet (21.02.2022)
- “Liebe deutsche Nachbarn, lasst euch von Syrien erzählen”
Gastkommentar von Yassin al-Haj Saleh in der Süddeutschen Zeitung (16.01.2022) - „Freiheit gab es nur auf Kosten der Würde“
Porträt Salehs im Magazin der Süddeutschen Zeitung, dessen Leben, seine Jahre im Gefängnis und die tragische Geschichte seiner Ehefrau Samira, die seit 2013 spurlos verschwunden ist. (11.11.2021)
- “Schreiben, um weiter zu leben”
RBB24-Interview anlässlich 100 Jahre PEN International über Salehs Leben im deutschen Exil (04.10.2021)
Texte und Clips von Yassin al-Haj Saleh
Assad oder Keiner!
Bis weit in die 2000er Jahre hinein war Syrien für meisten Leute im Westen terra incognita – irgendein Schurkenstaat oder eine der vielen arabischen Diktaturen. Das änderte sich 2011 mit dem Ausbruch des Arabischen Frühlings. Und dennoch sind die Narrative über den Syrienkonflikt, die seitdem ihren Weg in die deutsch- und englischsprachigen Medien gefunden haben, allesamt entweder stark gefiltert oder voreingenommen. Doch ohne ein Mindestmaß an Wissen über die Geschichte Syriens unter Führung der Ba’ath-Partei kann man den Konflikt im Grunde kaum verstehen.
Ein Mangel an Informationen ist aber nicht der einzige Grund für die zahllosen Missverständnisse, die im Westen über Syrien verbreitet werden. Sie kommen auch daher, dass es derzeit eine Tendenz gibt, komplexen Problemen aus dem Wege zu gehen, was damit zu tun hat, dass wir zu sehr mit uns selbst beschäftigt sind, um uns mit der erforderlichen Sorgfalt und Genauigkeit mit einem Thema auseinanderzusetzen. Hinzu kommt, dass die Medien oft am liebsten nur die Sensationslust bedienen, und die Diskussion über die wirklich wichtigen Faktoren und deren geschichtlicher Hintergrund dabei zu kurz kommt.
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Die Zivilgesellschaft war jeglicher legitimer Möglichkeiten der unabhängigen Meinungsäußerung beraubt. Bald war das öffentliche Leben von Angst beherrscht und von einem latenten Freund-Feind-Denken. Das syrische Volk hatte keinerlei Einfluss mehr auf das Regime.
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Ohne freie Wahlen oder Militärputsche und nach der Zerschlagung jeglicher Proteste, ganz gleich, ob friedlich oder bewaffnet, war die einzige Aussicht auf Veränderung, die dem syrischen Volk blieb, der Tod ihres Herrschers.
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Übersetzt aus dem Englischen von Christa Schuenke