Unter dem Titel „Political Persecution, Censored Books – The Decree Law 349“ fand am 18. Oktober 2024 auf der Frankfurter Buchmesse eine Diskussionsrunde statt, in der die kubanischen Exilschriftsteller Ariel Maceo Tellez und Amir Valle über die Zensur im Kulturbereich und die Auswirkungen des Dekrets 349 in Kuba sprachen. Moderiert wurde die Veranstaltung am Stand des Hessischen Literaturrats e.V. von Astrid Vehstedt, Vizepräsidentin und Writers-in-Exile-Beauftragte des deutschen PEN.
Das 2018 erlassene Dekret 349 verpflichtet kubanische Künstler, ihre Werke staatlich genehmigen zu lassen, und gibt der Regierung in Kuba weitreichende Befugnisse, unerwünschte Kunst zu unterdrücken. Tellez, der das Gesetz als direkte Bedrohung erlebte und mittlerweile als Stipendiat im Writers-in-Exile-Programm des PEN in Deutschland lebt, beschrieb den Alltag unter ständiger Überwachung und die versuchte Zerstörung seiner künstlerischen Existenz. Die Repression gegen ihn habe ihm das Gefühl gegeben, „wie in einem Gefängnis“ zu leben, und zwang ihn, alternative Wege zu finden, um seine Arbeiten öffentlich zu machen.
Vehstedt ging in dem Gespräch auf den Film „Buena Vista Social Club“ von 1999 ein, der ein romantisiertes Bild von Kuba gezeichnet habe. Valle, der im Erscheinungsjahr des Films noch in Kuba lebte, später ebenfalls Writers-in-Exile-Stipendiat des PEN war, stellte jedoch klar, dass diese Darstellung mit der Realität nicht übereinstimme: Die 1990er-Jahre seien geprägt gewesen von Hunger und Verfolgung. Intellektuelle hätten damals versucht, die soziale Not im Land zu dokumentieren, auch wenn viele von ihnen dafür inhaftiert worden seien. Valle bedauerte, dass viele Europäer ein naives Bild von Kuba hätten, das die repressiven Bedingungen für Künstler und Intellektuelle ausblende.
Zum Dekret 349 erklärte Tellez, dass dieses die Freiheit der Künstler noch weiter einschränke, indem es eine Überwachung und Vorzensur jeder Art von Kunst ermögliche. Seine Gedichte, die die Sprache und Probleme des Volkes reflektieren, seien für die kubanische Regierung besonders anstößig. Valle, der Tellez’ Werke veröffentlicht, erklärte, dass dessen volkstümliche Stimme ein Problem für die kubanische Kulturpolitik darstelle, die ein idealisiertes Bild der Gesellschaft propagieren wolle.
Beide Schriftsteller verwiesen auf das Schicksal der inhaftierten kubanischen Autorin María Cristina Garrido Rodríguez, die als Beispiel für die Verfolgung kritischer Stimmen stehe und für die das PEN-Zentrum Deutschland auf der Buchmesse eine Postkartenkampagne ins Leben gerufen hat. Die Diskussion in Frankfurt bot dem Publikum einen intensiven Einblick in die Unterdrückungsmechanismen, denen kubanische Künstler im In- und Ausland ausgesetzt sind, und beleuchtete das Spannungsfeld zwischen staatlicher Kontrolle und dem Wunsch nach künstlerischer Freiheit.