Unter dem Titel „Von der Sachliteratur zur Zensur: Lateinamerikanische Journalistinnen und Schriftstellerinnen unter Druck“ stand am 20. Oktober 2024 auf der Frankfurter Buchmesse eine Podiumsdiskussion auf der „Leseinsel der unabhängigen Verlage“ der Kurt Wolff Stiftung, die die bedrohte Freiheit des Wortes in Lateinamerika in den Fokus stellte. Unter Moderation der Kulturjournalistin Cornelia Wegerhoff beleuchteten die Teilnehmer die Gefahren für Journalistinnen und Schriftstellerinnen in Mexiko und Venezuela. Dr. Jenny Augustin von der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf übersetzte aus dem Spanischen, was dem Publikum einen tiefen Einblick in die erschreckende Realität in Venezuela ermöglichte.
María Teresa Montaño, Journalistin und Dichterin, berichtete von ihrer Entführung in Mexiko, ausgelöst durch ihre investigative Arbeit. Diese Erfahrung spiegelt das hohe Risiko wider, dem sich viele Journalisten in Mexiko ausgesetzt sehen. Im Exil führt Montaño ihre Arbeit unerschrocken fort, unterstützt von internationalen Organisationen wie dem PEN-Zentrum Deutschland, dessen Writers-in-Exile-Stipendiatin sie ist. In ihren Gedichten, von denen sie einige während der Veranstaltung vortrug, formuliert sie das Leid der Mütter, die in Mexiko nach ihren verschwundenen Kindern suchen. Diese Gedichte gaben den anonymen Opfern der Gewalt eine Stimme und verdeutlichten die erschütternde Zahl von über 130.000 vermissten Personen in Mexiko – eine humanitäre Krise, die durch Korruption und staatliches Versagen noch verschärft wird.
Nicht weniger dramatisch ist die Lage in Venezuela. Seit 2014 greift das Regime unter Nicolás Maduro verstärkt auf Zensur zurück und zwingt viele Journalisten ins Exil. Die Diskussion machte deutlich, dass die Poesie in Venezuela eine kraftvolle politische Waffe bleibt – ein Ausdruck des Widerstands gegen die Unterdrückung. Die Zahl der Exilanten aus Venezuela, die mittlerweile 7,7 Millionen Menschen umfasst, unterstreicht die Schwere der Situation. Geraldine Gutiérrez-Wienken, Dichterin und Übersetzerin aus Venezuela, sprach von einer „offenen Diktatur“ und betonte, dass viele Journalisten und Schriftsteller das Land verlassen mussten. Sie schilderte, wie 2014 ein strikter Wechselkurs eingeführt wurde, wodurch Zeitungen keine Devisen mehr erhielten und gedruckte Medien verschwanden. Heute ist der staatliche Fernsehsender die einzige Informationsquelle für 70 % der Bevölkerung. Viele Menschen würden aus Angst vor Verhaftungen alle politischen Nachrichten von ihren Handys löschen, da die Polizei auf der Straße Telefone kontrolliert.
Eine zentrale Botschaft der Veranstaltung war die Bedeutung des Exils als Zufluchtsort für verfolgte Schriftsteller. In Deutschland und anderen Ländern finden sie die Möglichkeit, ihre Arbeit in Sicherheit fortzusetzen, etwa durch das Writers-in-Exile-Programm. Diese Zufluchtsorte sind essenziell, um weiterhin Missstände aufzuzeigen und Veränderungen zu bewirken.
Am Ende stand ein klares Fazit: Die Freiheit des Wortes bleibt eine gefährdete Ressource unserer Zeit.