Das Schamrock-Festival 2024 (25.10.-8.11.) stand ganz im Zeichen poetischer Vielfalt und des gemeinsamen Widerstands gegen politische und gesellschaftliche Diskriminierung. Unter dem Motto Conference of the Birds fand ein internationales Treffen von Lyrikerinnen statt, das die Kraft der Poesie feierte. Das als Biennale ausgerichtete Festival fand zum 7. Mal in München und Wien statt.
Die Vizepräsidentin und Writers-in-Exile-Beauftragte des deutschen PEN, Astrid Vehstedt war eingeladen, mit einem Impulsreferat das Writers-in-Exile-Programm des PEN Deutschland vorzustellen. Darin sprach sie auf dem Symposium „Creative Europe Project“ am 27.10. in der whiteBox in München über die Bedeutung der Arbeit mit Schriftstellerinnen, die aufgrund ihrer politischen oder sozialen Positionen im Exil leben müssen. „Exil unterscheidet sich von Migration“, sagte Vehstedt. „Exilanten wurden in ihren Herkunftsländern mit autokratischen oder diktatorischen Gewaltstrukturen gezielt bedroht, verfolgt und vertrieben. Sie alle möchten zurück, können aber nicht. Daher es ist wichtig, den Menschen im Exil zu helfen, sich wieder ein Stück Zuhause aufzubauen und ihnen die Fortsetzung ihrer Arbeit zu ermöglichen. Das machen wir seit 25 Jahren im PEN Deutschland.“ Ein weiterer Aspekt des Writers-in-Exile-Programms sei es, den kulturellen Austausch zu fördern. Das geschieht durch Förderungen von Übersetzungen, die Ermöglichung von Publikationen und die Organisation von Lesungen. Vehstedt schloss mit der Bemerkung, dass das Writers-in-Exile-Programm akut gefährdet sei, was großes Unverständnis und auch Sorgen der Anwesenden hervorrief. Hiermit würde seitens der Bundesregierung ein falsches Signal gesetzt, auch in Bezug auf die deutsche Geschichte.
Im Rahmen des Festivals stellten sich vier Autorinnen vor, die Stipendiatinnen im Writers-in-Exile-Programm des PEN Deutschland sind bzw. waren. Darunter Stella Nyanzi, Dichterin und Aktivistin aus Uganda, die für ihre Arbeit in der Frauenrechtsbewegung inhaftiert wurde. Nyanzi, Mutter dreier Kinder, beschrieb in bewegenden Gedichten, wie sie ihre Kinder darauf vorbereitete, dass sie womöglich nicht aus dem Gefängnis zurückkehrt. „Es ist schwer vorstellbar, was es bedeutet, die eigene Freiheit und das Wohl der Kinder zu riskieren“, sagte Vehstedt in ihrem Vortrag über die Umstände von Nyanzi und anderen Frauen, deren Schicksale oft im Schatten geopolitischer Konflikte bleiben.
Das Festival bot eine Plattform für Dichterinnen, die aufgrund von staatlicher Repression und gesellschaftlicher Diskriminierung ihre Heimat verlassen mussten. Nazlı Karabıyıkoğlu, Stipendiatin des PEN, engagiert sich für die Rechte der LGBTQ+-Gemeinschaft in der Türkei und musste ihre Heimat verlassen, da ihre Arbeit in Lebensgefahr geraten war. Ähnlich beeindruckend ist die Geschichte der Writers-in-Exile-Stipendiatin Dr. Behnaz Amani aus dem Iran, die 46 Tage im Gharchak-Gefängnis inhaftiert war, da sie gegen das iranische Regime protestierte. Ihre Erfahrungen beleuchten die tiefen Wunden, die Exilantinnen mitbringen, aber auch den Mut und die Resilienz, die sie in ihrer neuen Umgebung entfalten. Sabal Phyu Nu klärte über die katastrophale Menschenrechtslage in ihrem Herkunftsland Myanmar auf, die hier nicht wahrgenommen wird. Sie stellte u.a. neue Gedichte vor, die sie nach ihrer Ankunft in Deutschland geschrieben hat und sich mit der Wahrnehmung neuen Umgebung befassen.
Vehstedt betonte, dass die Stärke dieser Frauen auch für die deutsche Gesellschaft eine Bereicherung ist. Durch ihre Texte, ihre Erfahrungen und ihre Perspektiven tragen sie zu einer Kultur des Verstehens und der Offenheit bei. Exil sei kein reines Hilfsprogramm, sondern ein Weg, auch in Deutschland eine neue literarische Heimat zu finden.