Das Urteil des Antikorruptionsgerichts in Harare sei fehlerhaft gewesen, urteilte der High Court am 8. Mai und sprach die Schriftstellerin Tsitsi Dangarembga in allen Punkten frei
Darmstadt, 9. Mai 2023.
Annähernd drei Jahre währte der Prozess gegen die Filmemacherin, Schriftstellerin und Friedenspreisträgerin Tsitsi Dangarembga, die am 31. Juli 2020 mit einem Plakat durch Harares Straßen gegangen war, um ein „besseres Simbabwe“ und die Freilassung von Journalisten zu fordern. Das Antikorruptionsgericht in Harare, das direkt dem Präsidentenbüro untersteht, hatte sie deshalb wegen Landfriedensbruch, Bigotterie und Verletzung der Covid-Regeln angeklagt und im September 2022, nach über 30 Gerichtsterminen zu sechs Monaten Haft auf Bewährung, ausgesetzt auf fünf Jahre, und zu 70000 Zimbabwe Dollar Geldstrafe verurteilt.
Mit seinem Urteil folgte das Oberste Gericht Simbabwes Dangarembgas Antrag auf Berufung. Richter Happious Zhou befand, die Plakate seien weder obszön noch beleidigend, missbräuchlich oder ein Aufruf zur Gewalt gewesen.
Tsitsi Dangarembga dankte ihren unermüdlichen Anwälten Chris Mhike und Harrison Nkomo von den Zimbabwe Lawyers of Human Rights (ZLHR), die mit ihrem Netzwerk im ganzen Land politisch Verfolgte vertreten und sich damit selbst in Gefahr bringen. Sie sieht sich ermutigt, dass der High Court in ihrem Fall „das Recht Simbabwes in seiner kodifizierten Form“ respektiert. Simbabwes Verfassung garantiert Rede-, Presse- und Meinungsfreiheit.
Die Schriftstellerin und Aktivistin ist sich im Klaren darüber, dass dieses Urteil des High Court nichts daran ändert, dass das Amtsgericht auch künftig Gesetz und Justiz als politische Waffe einsetzt und Kritiker der regierenden ZANU PF und Präsident Mnangagwas mit zermürbenden Gerichtsverfahren mundtot machen wird, um Machtmissbrauch und Willkür zu verschleiern. “In der Zwischenzeit ist die Korruption eine Praxis, die das Leben, den Lebensunterhalt und die Chancen von Millionen von simbabwischen Bürgern ruiniert“, erklärte Tsitsi Dangarembga und verwies auf jene, die noch in Haft gehalten werden.
Der Anwalt Job Sikhala ist seit einem Jahr im Gefängnis, weil er den Mord an einer Oppositionspolitikerin, den das Gericht als Beziehungstat sah, als politischen Mord benannte. CNN- und BBC-Reporter Hopewell Chin’ono sitzt wegen der Verbreitung angeblich falscher Informationen in Untersuchungshaft, nachdem er Korruption in der Regierungspartei ZANU-PF aufgedeckt hatte. Jacob Ngarivhume wurde wegen Anstiftung zur Gewalt verurteilt, weil er zur friedlichen Demonstration gegen Korruption aufgerufen hatte.
„Als aufrechte Bürger sind wir der Hoffnung, dass ein gerechterer Tag für alle in Simbabwe anbrechen wird“, schrieb Tsitsi Dangarembga, zollte dem High Court Beifall, dankte allen, die sie unterstützt haben und schrieb: „Ich ermutige alle Bürgerinnen und Bürger, sich friedlich zu verhalten, um den amtierenden Behörden in Simbabwe klarzumachen, dass wir, die Bürgerinnen und Bürger, eine Untergrabung des simbabwischen Rechts nicht dulden werden, denn dies führt zu nationalem Chaos und Verfall und zum Elend der Bürger“.
„Tsitsi Dangarembga macht all jenen Mut, die in dem zerrütteten Land bleiben und, bis in letzter Konsequenz für ihre Rechte und für ein demokratisches Simbabwe eintreten. Sie hätte das Land verlassen können, stattdessen nahm sie die Mühen des Prozesses auf sich, die sie in ihrer Bewegungsfreiheit als internationale Künstlerin einschränkten und sie physisch, psychisch und finanziell mürbe machen sollten. Sie steht für das freie Wort. Ihr gehört unsere ganze Solidarität“, erklärte Cornelia Zetzsche, Vizepräsidentin und Writers in Prison/ Writers at Risk Beauftragte des deutschen PEN.
Das deutsche PEN-Zentrum, PEN International, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Tsitsi Dangarembgas deutsche Verlage Orlanda und S. Fischer und der Deutsche Caritasverband e.V. hatten Tsitsi Dangarembga unter anderem mit der Prozessbeobachtung vor Ort und mit einer Spendenaktion für ihre Anwälte unterstützt.
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