Darmstadt, 8.10.2022.
PEN Deutschland gratuliert dem belarussischen Politiker und Anwalt Ales Bjaljatzki, der ukrainische Organisation „Center for Civil Liberties“ und „Memorial“ in Russland zum Friedensnobelpreis.
Schon 2008 hatten der deutsche PEN und das Land Hessen die russische Menschenrechtsorganisation mit dem Hermann-Kesten-Preis geehrt. In Zeiten des russischen Angriffskrieges in der Ukraine, der Autokratie in Belarus und der Repressionen gegen „Memorial“, ist die gemeinsame Auszeichnung jetzt eine weise Entscheidung des Nobelpreis-Komitees.
Seit ihrer Gründung durch Andrej Sacharow widmet sich „Memorial“ den Opfern des Stalinismus und der staatlichen Willkür in der Sowjetunion, erforscht ihre Lebensumstände im Gefängnis und im Gulag, versucht, die Namen und Biographien der anonymen Toten zu ermitteln, und sammelt ihre Hinterlassenschaften für den Aufbau eines repräsentativen Museums. All das ist ein unschätzbarer Beitrag zur demokratischen Kultur des Landes. 2008 hieß es: „Das PEN-Zentrum Deutschland würdigt mit dem Hermann-Kesten-Preis eine herausragende Institution für die Entwicklung der Zivilgesellschaft in Russland, für ihre Unbeirrbarkeit und ihre Zuversicht bei der Durchsetzung der Menschenrechte.“
Nun wurden die Menschenrechtsaktivisten mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Das Komitee wolle mit dem diesjährigen Friedensnobelpreis “drei herausragende Vorkämpfer für Menschenrechte, Demokratie und friedliche Koexistenz in den drei Nachbarländern Belarus, Russland und der Ukraine ehren”, sagte die Vorsitzende des Komitees, Berit Reiss-Andersen. „Memorial“ werde insbesondere für ihr Engagement gegen Militarismus und für ihren Einsatz für Menschenrechte ausgezeichnet, hieß es in der Erklärung weiter.
Im vergangenen Jahr wurde „Memorial“ in Russland verboten. Fast zeitgleich mit der Bekanntgabe des Friedensnobelpreises wurden nun die Räume des Menschenrechtszentrums in Moskau beschlagnahmt. Die Arbeit solle trotz des Drucks der Behörden „unter allen Umständen“ weitergehen, teilte „Memorial“ mit. Mitgründerin Irina Scherbakowa sieht im diesjährigen Friedensnobelpreis ein wichtiges Signal für die Menschen in Russland, die dem Putin-Regime und seinem Ukraine-Krieg kritisch gegenüberstehen
PEN-Zentren in aller Welt haben sich vor wenigen Tagen, auf der 88. PEN-Jahrestagung im schwedischen Uppsala, erneut mit der Ukraine solidarisch erklärt und forderten in einer gemeinsamen Resolution Russland dazu auf, den Krieg und das Blutvergießen zu beenden. Das PEN-Zentrum Deutschland bietet „Writers in Exile“, auch aus der Ukraine und Belarus, Zuflucht.
Burhan Sönmez, der Präsident des PEN International, verwies auf das Engagement des PEN weltweit für den Preisträger aus Belarus und erklärte: „Die PEN Gemeinschaft kämpft für Ales Bjaljatski, seit er im Juli 2021 verhaftet wurde. Heute fordern wir die Obrigkeit in Belarus noch einmal dringend auf, ihn sofort freizulassen und alle Anklagen gegen ihn bedingungslos fallen zu lassen. Zum wiederholten Mal erklären wir unsere Solidarität mit den mutigen Bürgern von Belarus, die ihren Kampf um Menschenrechte fortsetzen, ungeachtet aller unerbittlichen Aktionen der Regierung, jeden Widerspruch zu brechen“.
Im Namen des deutschen PEN-Zentrums
Cornelia Zetzsche
Writers in Prison Beaufragte