Zwischen Exil und Erzählkunst: Stella Gaitano und Collen Kajokoto eröffnen neue Perspektiven
Die Exilschriftsteller Stella Gaitano aus dem Süd-Sudan und Collen Kajokoto aus Simbabwe, beide Stipendiaten des Writers-in-Exile-Programms, gewährten auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse im Forum Offene Gesellschaft tiefe Einblicke in die komplexen Realitäten ihrer Heimatländer. Unter Moderation von Astrid Vehstedt, der Vizepräsidentin und Writers-in-Exile-Beauftragten des deutschen PEN, wurde nicht nur über Literatur gesprochen, sondern auch darüber, wie das freie Wort als mächtiges Instrument zur Veränderung eingesetzt werden kann.
Stella Gaitano teilte ihre Erkenntnisse über die anhaltenden humanitären Krisen im Sudan. Sie beschrieb eindringlich die Zustände von über sieben Millionen Vertriebenen und Flüchtlingen, die innerhalb und außerhalb des Sudans leben, die immense Hungersnot, die 18 Millionen Menschen plagt, und die vielen Kinder, die vom Bildungsweg abgeschnitten sind. Ihre Worte zeichneten das Bild einer Nation, in der so gut wie keine Demokratie herrscht. Die Erfahrung, frei wählen zu können, blieb Stella Gaitano in ihrer Heimat, abgesehen von studentischen Wahlen, unbekannt. Trotz der Zerstörungen durch Krieg, sieht die Schriftstellerin jedoch die Chance auf ein friedvolles Zusammenkommen unterschiedlicher Kulturen, eine unerwartete positive Seite des Konflikts.
Collen Kajokoto, dessen Poesie als Ausdruck seines Lebens und Kampfes gegen Ungerechtigkeit gilt, sprach über die Ironie eines Regimes in Simbabwe, das nicht aus der Vergangenheit lernt. Seine Worte zeichneten das Bild eines scheinbar friedlichen Landes, unter dessen Oberfläche jedoch tiefgreifende Konflikte brodeln. Kajokoto kritisierte die Kriminalisierung politischer Opposition und die Unterdrückung der Meinungs- und Redefreiheit. Er berichtete von seinen eigenen erschütternden Erfahrungen mit Verhaftung und Folter, ein schmerzhafter Weg, der ihn dennoch nicht von seinem Streben nach Aufklärung und Gerechtigkeit abbringen konnte.
Stella Gaitanos Werk “Endlose Tage am Point Zero”, das die schmerzhafte Trennung des Sudans und Süd-Sudans sowie die alltäglichen Kämpfe der Menschen thematisiert, erhielt besondere Aufmerksamkeit. Durch ein Mosaik an Erzählungen verlieh sie den Leiden und Hoffnungen ihrer Protagonisten eine Stimme, wobei sie stets deren Würde in den Vordergrund stellte.
Die Veranstaltung war nicht nur eine Plattform für den Austausch über afrikanische Literatur und die dort herrschenden Krisen, sondern auch ein lebendiges Zeugnis der Resilienz und des Mutes zweier Schriftsteller, die trotz persönlicher und politischer Verfolgung ihre Stimmen nicht verstummen lassen. Ihr Beitrag zur Leipziger Buchmesse hinterließ einen bleibenden Eindruck und öffnete die Augen für die vielschichtigen Realitäten Afrikas, die weit über die Schlagzeilen hinausgehen.