Ragip ZARAKOLU: Verleger, Aktivist für freie Meinungsäußerung und für Minderheitsrechte, Mitglied im türkischen PEN.
Details der Inhaftierung: Verhaftet am 29. Oktober 2011, bisher nicht verurteilt. In einer am 19. März 2012 veröffentlichten Anklageschrift wurde eine Haftstrafe von 7,5 bis 15 Jahren für Zarakolu gefordert wegen „Beihilfe und Anstiftung einer illegalen Organisation“. Bei einer Anhörung am 10. April 2012 wurde Zarakolu freigelassen (schwebendes Verfahren).
Gründe der Inhaftierung: Er galt laut Anti-Terror-Gesetz als “Mitglied einer illegalen Organisation”, angeblich aufgrund einer Rede, die er bei einer Veranstaltung der pro-kurdischen Partei für Frieden und Demokratie (BDP) gehalten hat sowie Artikeln, die in der Zeitung „Özgür Gündem“ veröffentlicht wurden.
Lokale und internationale Reaktionen: Hunderte Unterstützer protestierten außerhalb des Gerichtsgebäudes beim Berufungsverfahren am 31. Oktober gegen das Urteil.
Ragip Zarakolu ist ein bekannter politischer Aktivist, der seit über 30 Jahren für freie Meinungsäußerung in der Türkei kämpft und der Bücher über Themen wie Minderheits- und Menschenrechte veröffentlicht hat. Er wurde als einer von 50 Schriftstellern ausgewählt, um den Kampf für freie Meinungsäußerung im Rahmen der Kampagne „ Because Writers Speak Their Minds“ des Writers in Prison Committees anlässlich von dessen 50. Geburtstag zu repräsentieren. In den Tagen bis zu seinem Arrest setzte er sich für die Freilassung seines Sohnes, Deniz Zarakolu, ein, der drei Wochen zuvor am 7. Oktober 2011 inhaftiert worden war.
Ragip Zarakolu ist Ehrenmitglied der PEN-Zentren in der Türkei, Deutschlands, der Niederlande und einiger weiterer PEN-Clubs.
Momentan lebt er im schwedischen Exil mithilfe eines ICORN-Stipendiums. Eine Rückkehr in die Türkei scheint im Moment nicht denkbar.
Quelle: PEN International Writers in Prison Committee Case List – Januar bis Juni 2012 (Übersetzung: Manuel Emmerich), Photo: PEN America
Ein Brief von Ragip Zarakolu an den deutschen PEN
20. Februar 2012
Liebe Christa,
danke für Deinen lieben Brief. Wir warten alle ungeduldig auf den Prozess. Leider wurde letzte Woche unser Schriftsteller N Mehmet Güller verhaftet. Wir hatten letztes Jahr gemeinsam einen Prozess – und wurden verurteilt. (Offenbar hat ihnen das eine Urteil noch nicht gereicht.) Ich habe mich riesig gefreut, dass Dogan Akhanli mich hier besucht hat. Hoffentlich werde nächstes Jahr ich es sein, der anderen hier Besuche machen können. Jeden Samstag kommen zwei Schriftsteller in meinen Verlag und machen dort Solidaritätslesungen für mich. Gestern war der große türkische Autor Vedat Türkali dort und hat gelesen (er ist schon 90!). Wie ich auch Dogan sagte, und um Deine Frage, wie ihr mich unterstützen könnt, zu beantworten: Wir brauchen dringend Eure Solidarität für die Verteidigung. Dafür noch einmal danke.
Herzliche Grüße aus dem Hochsicherheitsgefängnis Nr. 2 in Koaceli,
Ragip Zarakolu