Humayun Azad

Humayun Azad wurde 1947 in Bangladesch geboren. Nach dem Linguistikstudium in Dhaka und Edinburgh, wo er promovierte, erhielt er 1986 eine ordentliche Professur für Bengalische Sprache an der Universität Dhaka. Seine Veröffentlichungen umfassen rund sechzig Werke, in denen er sich für die Rechte der Frauen, für Menschenrechte und gegen religiösen Fundamentalismus einsetzte. Sein Buch Gelobt sei das Heilige Land, über kollaborierende religiöse Gruppen in Bangladesch während des Unabhängigkeitskrieges 1971 verstanden islamistische Kreise als verdeckte Kritik an ihren eigenen Aktivitäten. Der Drohung eines islamischen Führers und Parlamentsabgeordneten, dass er „schwerwiegende Konsequenzen“ zu erwarten habe, folgten Taten. 2004 wurde er durch Messerstiche schwer verletzt, sein Sohn wurde entführt, die Familie erhielt Morddrohungen. Am 28. Juli wandte sich Amnesty International mit einer Urgent Action an die Öffentlichkeit, woraufhin Humayun Azad am 8. August 2004 in das Writers-in-Exile Programm des PEN aufgenommen wurde. Am 12. August 2004, nur wenige Tage nach seiner Ankunft in seinem Münchner Exil, starb Humayun Azad an einem Herzinfarkt.

Anzhelina Polonskaya

Anzhelina Polonskaya ist eine russische Dichterin, Librettistin und Autorin. Sie beschäftigte sich mit dem umstrittenen Fall des im Jahr 2000 gesunkenen U-Boots „Kursk“, das 118 Menschen das Leben kostete. Seitdem und wegen ihrer regierungskritischen Äußerungen ist Polonskaya Bedrohungen durch die Regierung ausgesetzt.  Seit Mitte September 2020 ist sie Stipendiatin im Writers in Exile-Programm des deutschen PEN.

Foto: Oliver Lückmann

Sihem Bensedrine

Sihem Bensedrine wurde 1950 in Tunis geboren. Ende der 70er Jahre begann sie sich für die Menschenrechte zu engagieren, Anfang der 80er Jahre gehörte sie zu den führenden Persönlichkeiten der tunesischen Frauenbewegung. Von 1985 bis 1994 war sie Vorstandsmitglied der Tunesischen Liga für Menschenrechte. Ende der 90er Jahre gründete sie gemeinsam mit anderen Menschenrechtlern den Nationalen Rat für die Freiheit in Tunesien. Als Galionsfigur des Widerstands gegen die Diktatur Ben Alis war sie vielfältigen Repressionen ausgesetzt. 2001 wurde sie nach Publikationen über Korruption und Folter inhaftiert. 2002 erhielt sie den Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit. Nach einem Gaststipendium der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte lebte sie von Januar 2006 bis Dezember 2007 als Stipendiatin des Writers-in-Exile Programms des PEN in Hamburg. Sie ist Herausgeberin der Online-Zeitung Kalimatunisie (Das Wort Tunesiens), hält Vorträge vor dem EU-Parlament, hilft bei der Ausbildung von Journalisten im Irak und schreibt Bücher über Europa, Tunesien und Irak. 2005 erschien auf Deutsch das gemeinsam mit ihrem Mann verfasste Buch Despoten vor Europas Haustür. Warum der Sicherheitswahn den Extremismus schürt. Nach ihrem Aufenthalt in Hamburg erhielt sie ein Writers-in-Exile-Stipendium der Stadt Graz und lebte dann ab Februar 2010 in Barcelona. Nach der Tunesischen Revolution Anfang 2011 verließ sie ihr Exil und kehrte nach Tunesien zurück, um dort beim Aufbau eines demokratischen Staates mitzuwirken. Im Herbst 2011 erhielt sie den Ibn Rushd Preis für freies Denken, der für Verdienste um die Demokratie und Meinungsfreiheit in der islamischen Welt vergeben wird. Im Februar 2012 erschien im Leykam Verlag ihr neues Buch Der USB-Stick – eine Dokumentation ihrer Reisen, Aktivitäten, Vorwürfe, Ängste und Hoffnungen. Heute ist sie Präsidentin der Wahrheitskomission in Tunesien, die seit 2013 daran arbeitet, die während der Diktatur Ben Alis begangenen Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen aufzudecken und den Opfern eine Stimme zu geben.

Claudia Anthony

Claudia Anthony wurde 1963 in Freetown, Sierra Leone, geboren. Während ihres Studiums an der Universität Kiew brach in ihrer Heimat im März 1991 ein grausamer Bürgerkrieg aus; bewaffnete Horden massakrierten wahllos Tausende von Frauen, Männern und Kindern. 1992 kontrollierte die mächtigste Rebellengruppe, die Revolutionäre Vereinigte Front (RUF), den Osten und Süden des Landes. Nachdem Claudia Anthony am Ukrainischen Institut für Internationale Beziehungen den Grad eines Masters im Fach Völkerrecht erworben hatte, kehrte sie 1995 nach Sierra Leone zurück, wo sie ihre journalistische Aufklärungsarbeit fortsetzte. Als sie Verbrechen von Mitgliedern des Obersten Rates des AFRC (Armed Forces Revolutionary Council) nachwies und im Dezember 1998 über ein geplantes Massaker durch die Rebellen schrieb, wurde sie des „unverantwortlichen Journalismus“ bezichtigt, der „die Staatssicherheit untergraben“ wolle. Am 31. Dezember 1998 brannten Rebellen das Wohnhaus der Familie in Waterloo, Sierra Leone, nieder, seitdem waren sie, ihre zwei Kinder und ihre Mutter Heimatvertriebene im eigenen Land. Am 7. Januar 1999 brannten bewaffnete Männer und Jugendliche das Redaktionsgebäude der Zeitung Tribune of the People, deren Gründerin und geschäftsführende Herausgeberin sie war, vollständig nieder. Noch im November 1999 gründete Claudia Anthony die Alliance for Female Journalists, eine Organisation, die sich für die Belange der wenigen Journalistinnen in Sierra Leone einsetzte. Von September 2000 bis Dezember 2005 war sie Stipendiatin im Writers-in-Exile Programm des PEN. Während ihres Aufenthalts in Berlin absolvierte sie ein Masterstudium für Intercultural Conflict Management. 2006 kehrte Claudia Anthony zurück nach Sierra Leone, wo sie zunächst als Programmkoordinatorin des United Nations Radio arbeitete. 2010 bekam sie den Auftrag, als leitende Radioproduzentin für die BBC in Sierra Leone das Programm um den Prozess des ehemaligen liberianischen Präsidenten Charles Taylor zu gestalten. Im selben Jahr wurde sie zunächst zur Chefin der Redaktion der aktuellen Nachrichten und wenig später zur Leiterin des BBC Radioprogramms von Sierra Leone berufen. Mittlerweile ist sie als Beraterin für BBC und andere Sender tätig.

Faraj Sarkohi

Faraj Sarkohi wurde 1947 in Shiraz/Iran geboren. Er studierte Soziologie und persische Literatur in Täbriz und Teheran. Als Student beteiligte er sich an Demonstrationen gegen den Schah und schrieb zahlreiche regimekritische Artikel, 1971 wurde er dafür zu fünfzehn Jahren Haft verurteilt. 1979 durch die Islamische Revolution aus der Haft befreit, schloss er sich schon bald der Opposition gegen das Mullah-Regime an. 1985 gründete er das Kulturmagazin Adineh, dessen Chefredaktion er für elf Jahre übernahm. 1996 wurde er als der Wortführer einer Schriftstellerinitiative gegen Zensur verhaftet und ein Jahr darauf in einem geheimen Verfahren zum Tode verurteilt. Aufgrund internationaler Proteste mehrerer Menschenrechtsorganisationen und des PEN, aber auch einiger westlicher Regierungen wurde das Urteil revidiert und in eine einjährige Haftstrafe umgewandelt. Weltweite öffentliche Proteste bewogen die iranische Regierung schließlich dazu, Faraj Sarkohi die Ausreisegenehmigung zu erteilen – im Mai 1998 kam er nach Deutschland, wo er zunächst als Gast des Projekts Städte der Zuflucht in Frankfurt Unterkunft fand. Von Mai 2000 bis April 2006 war er Stipendiat im Writers-in-Exile Programm des PEN. Er ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und wurde mit zahlreichen internationalen Preisen, unter anderem 1998 mit dem Tucholsky-Preis für politisch verfolgte Schriftsteller und 2000 mit dem World Press Freedom Hero ausgezeichnet. Faraj Sarkohi lebt heute in Frankfurt am Main und arbeitet für Funk und Zeitung.

Foto: Simone Ahrend

Abderrahmane Bouguermouh

Abderrahmane Bouguermouh wurde 1936 in Izger Amokrane in Algerien geboren. Er studierte am Pariser Filminstitut und arbeitete von 1962 bis 1963 als Filmregisseur bei der Produktionsfirma R.T. Française. Seine Haltung zu den Berbern brachte ihm Schwierigkeiten mit den staatlichen Stellen in Algerien ein und führte zu seinem Ausschluss aus dem nationalen Film-Zentrum, dessen Mitbegründer er war. Ärger bekam er auch wegen der Realisierung eines Filmprojekts in der Sprache der Berber (1965); die Ausstrahlung des Films wurde verboten. In der Folge wurde Bouguermouh vom allgemeinen Überwachungsdienst beschattet, sein Telefon wurde abgehört. Zwischen 1968 und 1980 war er nicht nur von jeglicher geistig-kreativer Arbeit ausgeschlossen, sondern konnte auch nichts veröffentlichen. Da er keine Ausreisegenehmigung erhielt, dokumentierte er alles, was ihm widerfuhr – es entstand die Idee zu einem Roman. In den folgenden Jahren nahmen die Unruhen im Land zu. Zwar konnte er trotz großer Schwierigkeiten verschiedene Filmprojekte realisieren, doch nachdem er 1997 einen Berberfilm gedreht hatte, wurde er von den Fundamentalisten zum Tode verurteilt und entging nur knapp einem Attentat. 1998 erhielt er von der Heinrich-Böll-Stiftung ein einjähriges Arbeitsstipendium für das Heinrich-Böll-Haus, Langenbroich. Danach wurde ihm im Rahmen des Städte-der-Zuflucht-Programms bis August 2002 ein Stipendium in Graz gewährt, wo auch sein in Paris verlegter Roman Eclipse  entstand. Von September 2002 bis September 2003 war Abderrahmane Bouguermouh Stipendiat im Writers-in-Exile Programm des PEN. 2009 erschien sein Roman Anza. Am Ende kehrte Abderrahmane Bouguermouh nach Algerien zurück, wo er am 3.2.2013 verstarb.

Pınar Selek

Pınar Selek wurde 1971 in Istanbul geboren. Sie besuchte dort das französische Gymnasium und studierte Soziologie an der Mimar Sinan University. Sie beteiligte sich an der Organisation verschiedener Aktionen der Frauenbewegung und gründete das feministische Netzwerk Amargi, für dessen Magazin sie als Herausgeberin tätig ist. In ihren publizistischen Arbeiten beschäftigt sie sich mit Themen wie der Friedensbewegung, der Ausgrenzung von Minderheiten sowie den Zusammenhängen zwischen Militarismus und der Entwicklung der Geschlechtsidentität. Ihre soziologische Studie zur Kurdenfrage war manchen Kreisen in der Türkei ein Dorn im Auge. Um sie aus dem Weg zu räumen, wurde sie 1998 zu Unrecht beschuldigt, einen Anschlag verübt zu haben. Sie kam für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis und wurde schwer gefoltert. Aus der Untersuchungshaft entlassen, verbrachte sie den größten Teil des über sechzehn Jahre dauernden Verfahrens auf freiem Fuß und setzte ihre Arbeit fort. Schließlich wurde sie in drei aufeinanderfolgenden Verfahren freigesprochen. Ungeachtet dessen fordert die Staatsanwaltschaft weiterhin die Höchststrafe, „lebenslänglich unter verschärften Bedingungen“. Im Sommer 2009 kam sie nach Deutschland, von Dezember 2009 bis November 2011 war Pınar Selek Stipendiatin im Writers-in-Exile Programm des PEN. Sie hat mehrere Sachbücher mit soziologischer Thematik geschrieben und zahllose Artikel in türkischen und kurdischen Zeitungen veröffentlicht. Im Frühjahr 2010 erschien ihr Buch Zum Mann gehätschelt – zum Mann gedrillt und im Dezember 2011 ihr erster Roman Halbierte Hoffnungen. Im Frühjahr 2014 gab das Gericht in Ankara der Berufung endlich statt und der Prozess wurde noch einmal neu aufgerollt, schließlich wurde sie im Dezember 2014 zum vierten Mal freigesprochen. Am 25. Januar 2017 verkündete der Oberste Gerichtshof in der Türkei zum fünften Mal die Aufhebung des Freispruchs. Er fordert die erneute Verurteilung zu lebenslänglicher Haft. Seit 2012 lebte Pınar Selek in Straßburg, wo sie auch promovierte. Mittlerweile wohnt sie in Nizza und ist an der Universität Soziologiedozentin mit dem Schwerpunkt „soziale Bewegungen in der Türkei“.

Foto: Frederike Finster

Fouad Yazji

Fouad Yazji wurde 1959 in Homs geboren. Die Wurzeln seiner Eltern, orthodoxen Christen, gehen zurück bis auf den Schriftsteller und Übersetzer Ibrahim Al-Yazji, der ursprünglich aus dem Dorf Marmarite stammte. Eine Leidenschaft für die Mathematik hatte Fouad Yazji bereits im Kindesalter. Als junger Mann erwarb er einen Master in Pädagogik. Irgendwann stellte er allerdings fest, dass durch die Mathematik seine Fantasie nicht in dem Maße angeregt wurde, wie er sich das wünschte, und so entdeckte er eine neue Passion, nämlich das Schachspiel. Er nahm in Homs an einem Schachturnier teil – und gewann. Aber bald genügte ihm das Schachspiel nicht mehr, und so begann er sich immer mehr für die Literatur zu interessieren. Er begann zu schreiben, beflügelt durch die Lektüre des deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche. Dessen philosophische Texte beeinflussten Yazjis Schreiben immens. So nachhaltig, dass er einen Roman mit dem Titel Blaue Wolga schrieb, in den er eine Menge von Nietzsches Gedankengut einfließen ließ. Doch nicht nur Nietzsche, auch der mittelalterliche islamische Mystiker Daschalal ad-Din Rumi wirkte stark auf ihn ein. Sätze wie „Sei nicht ohne Liebe, sonst fühlst du dich wie tot, sterbe in Liebe, und lebe ewig“, haben sein Nachdenken über die Liebe stark geprägt. Unter diesem Eindruck hat Yazji den Roman Die sieben Gebete der Liebe geschrieben und sich an einige Übersetzungen aus dem Englischen ins Arabische gemacht. Seine Familie wurde im Krieg an verschiedene Orte Syriens verstreut. Von November 2015 bis Oktober 2018 war Fouad Yazji Stipendiat im Writers-in-Exile-Programm des deutschen PEN. 2017 erschien ein Text Yazjis in der PEN-Anthologie Zuflucht in Deutschland. Texte verfolgter Autoren im S. Fischer Verlag.

Foto: Roland Baege

Erik Arellana Bautista

Erik Arellana Bautista, geboren 1974 in Bogotá, ist ein kolumbianischer Menschenrechtsaktivist, Dokumentarfilmer, Journalist und Autor. Er gründete eine Stiftung, die nach seiner Mutter Nydia Erika Bautista benannt ist und arbeitet unermüdlich gegen das Vergessen der im bewaffneten kolumbianischen Konflikt Verschleppten und Verschwundenen. Arellana Bautistas Mutter, die in den achtziger Jahren politisch im Untergrund arbeitete, wurde 1987 durch kolumbianische Paramilitärs entführt und ermordet. Aufgrund seines Engagements wurde auch er verfolgt und bedroht. Von 1997 an lebte er zehn Jahre in Deutschland, hier konnte er Audiovisuelle Kommunikation an den Kunsthochschulen in Kassel und Weimar studieren, begann literarisch zu schreiben und Dokumentarfilme zu drehen. Immer wieder kehrte er zu seinem Hauptthema zurück: Die Verschwundenen und der Schmerz ihrer Angehörigen. „Das Verschwindenlassen löscht die Geschichte jedes einzelnen Menschen aus“, schreibt er. 2006 kehrte er nach Kolumbien zurück, um als Journalist und Universitätsdozent in Bogotá zu arbeiten. Es entstanden mehrere künstlerische Arbeiten, wie das audiovisuelle Projekt „Geomalla“ (2011), das Erinnerungsmodule und aktuelle Ausdrucksformen urbaner Subkulturen miteinander in Beziehung setzt. In seinem Gedichtband Transitos de un hijo al Alba (2011) beschäftigt er sich mit dem eigenen Schicksal als Sohn einer Verschwundenen und erzählt die Geschichte eines Volkes ohne Namen. Arellana Bautista begann damit, Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren und Erinnerung gegen Vergessen zu setzen, doch zunehmend geriet die Arbeit seiner Stiftung in Kolumbien unter Druck, Büroräume wurden überwacht, Mitarbeiter belästigt und verfolgt. Seine Wohnung wurde im Mai 2013 aufgebrochen und sein PC mit Informationsmaterial über jene Opfer, die von der Stiftung betreut wurden, gestohlen.

Im Juni 2014 wurde er Stipendiat im Writers-in-Exile Programm des PEN und lebte in Hamburg. Bundesweit nahm Arellana Bautista an einer Vielzahl literarischer und künstlerischer Veranstaltungen teil, hielt Lesungen und referierte u.a. an Universitäten zur Problematik der Menschenrechte in Kolumbien sowie zum Thema Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerillagruppe FARC. Außerdem war er weiterhin als Journalist tätig und veröffentlichte Gedichte in der Zeitschrift die horen (Band 261, 2016). 2017 erschienen mehrere Texte Arellana Bautistas in der PEN-Anthologie Zuflucht in Deutschland. Texte verfolgter Autoren im S. Fischer Verlag. Im August 2017 kehrte Erik Arellana Bautista nach Kolumbien zurück.

Zobaen Sondhi

Zobaen Sondhi, geboren 1974 in Joypurhat, Bangladesch, arbeitete 21 Jahre als Bibliothekar des Dinajpur Textil-Instituts (Textile Institute Dinajpur, DTI), das dem Textil- und Jute-Ministerium Bangladeschs unterstellt ist. An der „Asian University of Bangladesh“ erwarb er einen Master of Science in „Information Science und Library Management“.

Sondhi ist Blogger, Dichter und Online-Aktivist. Er war Herausgeber der vierteljährlich erscheinenden bengalischen Literaturzeitschrift Ongshumali und Redakteur der monatlich erscheinenden Zeitschrift Bastra Jagat. Sondhi ist Mitbegründer der Internetseite Nobojug (New Age), ein Forum für Diversität und Toleranz. In seinen Texten konzentriert sich Sondhi auf die Verbreitung humanistischer Ideologien, islamischen Terrorismus, Zwangskonvertierung und Aberglaube. Sich selbst bezeichnet er als Atheist. In seinen Onlinetexten behandelt er Fragen zum Terrorismus und zu Menschenrechtsverletzungen, außerdem schreibt er immer wieder über das Verhältnis des Islam zur bangladeschischen Gesellschaft und den politisch instrumentalisierten Gewaltaspekten der Religion. Das letztgenannte Thema ist nicht zuletzt dem traurigen Umstand geschuldet, dass Sondhi selbst frühe Gewalterfahrungen am eigenen Leib erfahren musste. 1988 bereits war Sondhi politisch engagiert als Mitglied einer säkularen linksgerichteten Partei. Das wurde ihm zum Verhängnis, er fiel einem Angriff zum Opfer und wurde von gewaltbereiten radikal-islamistischen Fundamentalisten brutal angegriffen und schwer verletzt. Glücklicherweise konnte er von Passanten gerettet und noch rechtzeitig ins Krankenhaus gebracht werden.

Seit 2013 begann die Regierung Bangladeschs auf Druck radikal-islamischer Gruppen, Beiträge humanistischer und islamkritischer Autoren zu zensieren. Es kursierte eine Liste mit den Namen von zahlreichen islam-kritischen Bloggern, denen Blasphemie vorgeworfen wurde. Zobaen Sondhi war einer der Blogger auf dieser Liste. Später forderten fundamentalistische Gruppen mit mutmaßlicher Verbindung zu Al-Qaida und ISIS die Todesstrafe für diese Blogger. Sie kündigten an, einen nach dem anderen von ihnen zu exekutieren. Es begann eine Jagd auf die Online-Aktivisten, wobei einige auf grausame Weise getötet wurden. Panik verbreitete sich innerhalb der Blogger-Community, viele löschten ihre Texte und halten sich bis heute versteckt oder gingen ins Exil. Die Regierung und die Sicherheitsbehörden Bangladeschs sahen tatenlos zu und unternahmen nichts, um die Täter zu fassen. Bislang halten diese politisierten Hetzjagden an. Man ist nach wie vor bemüht, alle system- und islamkritischen Stimmen auszuschalten, um die innenpolitische Situation zu harmonisieren.

Auch Zobaen Sondhi erhielt Todesdrohungen. Die letzten Monate verbrachte Sondhi aus Angst vor Übergriffen fern seiner Heimat. Von August 2016 bis Oktober 2019 lebte Zobaen Sondhi als Writer in Exile im Stipendienprogramm des deutschen PEN in Berlin.

Foto: Stefanie Silber