Fatuma Nurye Yimam

Die äthiopische Journalistin und Aktivistin Fatuma Nurye Yimam recherchierte über illegale Migrationsrouten nach Dschibuti und andere Nachbarländer Äthiopiens. Sie gründete die Zeitung „Fact“, in der sie Missstände kritisierte. Die Regierung erhob daraufhin Anklage gegen sie, woraufhin sie zunächst in benachbarten Ländern Zuflucht suchte, bevor sie schließlich nach Deutschland kam.

Foto: Stefanie Silber

Zaza Burchuladze

Zaza Burchuladze wurde 1973 in Tiflis geboren und beschreibt sich selbst als zeitgenössischen postmodernen Autor. Bevor er als Schriftsteller und Übersetzer arbeitete, studierte er Malerei an der staatlichen Kunstakademie Tiflis. Er ist Verfasser mehrerer Romane, Essaysammlungen und Kurzgeschichten. Als freier Journalist schrieb er Beiträge für Radio Free Europe/Radio Liberty. Er übersetzte russische Literatur von Dostojewski, Kharms und Sorokin ins Georgische und lehrte am kaukasischen Medien-Institut Literatur und zeitgenössische Kunst. Seine Erzählungen schockierten das Publikum, seine provozierenden Themen und sein experimenteller Schreibstil führten dazu, dass er lange Zeit von den Kritikern seines Landes mit Nichtachtung gestraft wurde. Trotzdem gehört er seit der Veröffentlichung seiner Romane zu den bedeutendsten Schriftstellern der postsowjetischen Ära in Georgien. Mehrere seiner Werke wurden ins Russische, Polnische, Rumänische, Englische und Französische übersetzt, der Roman Adibas erschien im Herbst 2015 auf Deutsch. Inflatable Angel wurde 2011 als bester georgischer Roman ausgezeichnet. In seinen Romanen greift Zaza Burchuladze immer wieder Themen auf, die in seinem Land als Tabus gelten: Texte über politischen Konformismus, Geschichten über Gewalt und Brutalität, weltanschauliche und religiöse Themen und Sexualität. Zusammen mit seinen intellektuellen Freunden stand er immer wieder in der ersten Reihe verschiedener Protestgruppen und lieferte sich harte Wortgefechte mit Zeitungs- und Fernsehjournalisten in der Öffentlichkeit. Wiederholt wurde er in seiner stark religiös geprägten Heimat wegen seiner öffentlich vorgetragenen verbalen Provokationen verfolgt, vehement bedroht und schließlich auf offener Straße niedergeschlagen. Trotz der Anzeige von rund 100 Kollegen wurde bis heute nichts zur Ergreifung des Täters unternommen. Auch der Aufruf des georgischen PEN, dass die Hauptfiguren eines Romans nicht mit dem Autor selbst zu verwechseln sind, blieb erfolglos. Von Januar 2014, nach einem Jahr als Gast im Böll-Haus Langenbroich, bis Januar 2017 war Zaza Burchuladze Writers-in-Exile Stipendiat des PEN. Im Frühjahr 2017 erschien sein Roman Touristenfrühstück, für den er 2018 mit dem Brücke-Berlin-Preis ausgezeichnet wurde. Mitte September 2018 ist sein Roman Der aufblasbare Engel, die deutsche Übersetzung von Inflatable Angel, im Aufbau-Verlag erschienen.

Sergej Zolovkin

Sergej Zolovkin wurde 1952 in Kok-Terek im Dschambul-Gebiet von Kasachstan geboren. An der Hochschule in Karaganda studierte er Jura und war als juristischer Gutachter im Kriminalkommissariat in Kasachstan tätig. Von 1979 bis 1986 führte er als Korrespondent der Republikanischen Jugendzeitung unabhängige journalistische Recherchen zu verschiedenen Kriminalfällen und zur Korruption in den Organen der Legislative und der Exekutive durch. Später wurde er Reporter der Nowaja Gazeta, wo er auf Recherchen im Bereich der Korruption spezialisiert war. Im März 2002 entging er wegen seiner kritischen Artikel nur um Haaresbreite einem Mordanschlag. Daraufhin flüchtete er mit seiner Frau nach Deutschland und war hier zunächst Gast der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte, bis er im September 2002 in das Writers-in-Exile Programm aufgenommen werden konnte, dessen Stipendiat er bis März 2004 blieb. Seine journalistische Tätigkeit für die Nowaja Gazeta setzt er im Exil mit unverminderter Intensität fort, in der elektronischen Ausgabe der Zeitung moderiert er sämtliche Diskussionen. 2011 veröffentlichte ein mutiger Verlag im russischen Samara seinen zweibändigen Roman Aus dem Leben der Menschen, die nicht geschossen haben, der in der russischen Presse ein großes Echo fand. 2017 erschienen mehrere Texte Zolovkins in der PEN-Anthologie Zuflucht in Deutschland. Texte verfolgter Autoren im S. Fischer Verlag. Sergej Zolovkin lebt heute in München.

Foto: privat

Guobiao Jiao

Guobiao Jiao wurde 1963 in China geboren. Er lehrte bis 2004 als Professor für Journalismus an der Universität in Peking. Vermutlich wegen eines über das Internet weithin verbreiteten Artikels, in dem er die Abschaffung der chinesischen Propagandaabteilung forderte, wurde er von seinem Lehrstuhl suspendiert. Bis November 2006 stand er unter Hausarrest und wurde fast täglich von Mitarbeitern des Staatssicherheitsministeriums vernommen. Als ein Gipfeltreffen zwischen China und fünfzig afrikanischen Staaten bevorstand, verbannte man ihn aus Peking. Für seinen publizistischen Mut erhielt er 2005 den Wan-Renjie-Medienpreis und 2006 in den USA den Menschenrechtspreis der Stiftung Nationale Erziehung Chinas. Nach einem Stipendienaufenthalt im Heinrich-Böll-Haus war er von Januar bis Dezember 2007 Stipendiat im Writers-in-Exile Programm des PEN. Guobiao Jiao lebt heute wieder in China. 2012 wurde er erneut inhaftiert, kam nach zwei Wochen wieder frei, wurde jedoch danach streng überwacht und bekam ein Reiseverbot auferlegt.

Foto: Independent Chinese PEN Centre

Rohitha Bashana Abeywardane

Rohitha Bashana Abeywardane wurde 1972 in Sri Lanka geboren. Er ist Mitbegründer und wurde später Chefredakteur der alternativen Wochenzeitschrift Hiru, die in der Selbstverwaltung der Redakteure stand. 2003 organisierte er das Sinhala-Tamil Art Festival. Wegen seiner kritischen Zeitungskolumnen musste er nach massiven Drohungen das Land verlassen.
Er veröffentlicht weiterhin in verschiedenen Online-Journalen und ist Koordinator von Journalists for Democracy in Sri Lanka, einer Organisation, die von sri-lankischen Exil-Journalisten gegründet wurde. Rohitha Bashana Abeywardane war, im Anschluss an einen Aufenthalt im Heinrich-Böll-Haus, von September 2007 bis August 2010 im Writers-in-Exile Programm des PEN. Heute lebt er mit seiner Frau in Bremen.

Foto: Simone Ahrend

Yamen Hussein

Der syrische Dichter und Journalist Yamen Hussein wurde 1984 in Homs geboren. Er verfasste zahlreiche regimekritische Artikel, durch die er schon früh ins Visier der syrischen Sicherheitsbehörden geriet. Immer wieder kritisierte er in seinen Artikeln die restriktiven und manipulativen Eingriffe des Staates in Publikations- und Pressefreiheit und protestierte wiederholt gegen die Missachtung der Menschenrechte während des Bürgerkriegs. Bereits 2006, gerade 22 Jahre alt, mockierte er sich öffentlich über das sektenähnliche System an der Universität von Homs und beschuldigte die Regierung der Teilhabe an dem diskriminierenden System, was dazu führte, dass er der Universität verwiesen und für drei Monate in Gewahrsam genommen wurde. 2008 wurde er aufgrund seiner Berichterstattung über die Repressionen der Regierung gegen die Medien verhaftet. Bald hatte er sich unter den mutigen investigativen Journalisten einen Namen über Homs hinaus gemacht. Er wurde leitender Reporter bei Al Dunia TV und berichtete 2011 vor Ort von der Protestbewegung aus Homs und Hama. Doch unter Druck begann der Sender damit, gezielte Falschmeldungen über die Bewegung zu lancieren, da reichte Hussein die Kündigung ein. Kurz darauf vertrieben ihn die Anhänger Assads aus seiner Wohnung in Al Zahra bei Homs. Die Hetze gegen ihn nahm immer bedrohlichere Züge an. Er begann unter Pseudonym zu publizieren, seine Rolle als Gründungsmitglied des „Nabd Bündnis für die Jugend Syriens“, einer friedlichen Protestbewegung, die durch mediale Berichterstattung ihren Widerstand zum Ausdruck brachte, machte ihn aber zur öffentlichen Figur. Er schrieb jetzt wieder unter seinem Namen. Nachdem Hussein 2013 die islamistische Gruppe Jeish Al Islam in einem Artikel angriff, kamen die Drohungen, ihn zu ermorden, aus zwei Richtungen: dem religiös fundamentalistischen Lager sowie aus Kreisen der staatlichen Behörden. Diesen permanenten Morddrohungen fühlte sich Yamen Hussein irgendwann nicht mehr gewachsen, er flüchtete in die Türkei. Von Dezember 2014 bis Dezember 2017 lebte Yamen Hussein als Stipendiat des Writers-in-Exile Programms in München. Seine Flucht von Syrien über Libanon und die Türkei bis nach Deutschland verarbeitete Hussein in einem in Kürze erscheinenden Lyrikband (Arbeitstitel „3439 km“), die Gedichte verfasste er in Damaskus, Beirut, Istanbul und München. Die Produktion wurde ermöglicht durch das Culture Resource’s Production Awards Programm. 2017 erschienen mehrere Gedichte Husseins in der PEN-Anthologie Zuflucht in Deutschland. Texte verfolgter Autoren im S. Fischer Verlag.

Foto: Roland Baege

Foto: privat

Khalil Rostamkhani

Khalil Rostamkhani wurde 1953 im Iran geboren. Bereits mit 16 Jahren nahm er an Protesten gegen das Schah-Regime teil. 1972 verließ er den Iran und ging nach Großbritannien, um dort zunächst Mathematik, Physik und Persisch sowie später Sozialwissenschaften zu studieren. In dieser Zeit engagierte er sich in der CISNU, dem stärksten iranischen Studentenverband, der große Solidaritätskampagnen für den Iran organisierte. 1979 kehrte er aus dem Exil zurück – getragen von der Hoffnung auf eine demokratische Wende. 1980 gründete er als Herausgeber den englischsprachigen Nachrichtendienst Akhbaar Ruz und eröffnete ein paar Jahre später gemeinsam mit seiner Frau Roshanak Daryoush ein Übersetzungsbüro. Als renommierter Übersetzer, Journalist und Publizist war er Herausgeber des Iran Yearbook. Als er in den 90er Jahren das erste Mal im Gefängnis saß, übersetzte er Titel von Isabel Allende, Vladimir Nabokov und André Gide. Im Februar 2000 war er in Teheran für die Heinrich-Böll-Stiftung als Organisator und Übersetzer beteiligt an der Vorbereitung der Konferenz „Iran nach den Wahlen 2000“, die im April 2000 in Berlin stattfand. Kurz nach der Konferenz wurde Khalil Rostamkhani in Teheran verhaftet unter dem Vorwurf, seine Konferenzvorbereitung sei anti-islamisch und gegen die Interessen des iranischen Staates gerichtet. Die Strafe fiel mit acht Jahren so hoch aus, weil man ihm Theomachie, „Kampf gegen Gott“, vorwarf. Während dieser Gefängniszeit entstanden die Gedichte der Sammlung Poetry behind Bars, die im Internet in der Online-Zeitung www.iranian.com veröffentlicht wurden. Khalil Rostamkhani ist Ehrenmitglied des kanadischen und des US-amerikanischen PEN. Von Januar 2006 bis Juli 2009 war Khalil Rostamkhani Stipendiat im Writers-in-Exile Programm des PEN. Heute lebt er in Berlin und München und arbeitet als Übersetzer, ist Herausgeber politischer Anthologien in Iran und Afghanistan. Er war 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Mitherausgeber des zweisprachigen englisch-persischen Lexikons A Handbook of Transitional Justice – A to Z.

Foto: privat

Najet Adouani

Die tunesische Dichterin, Schriftstellerin und Journalistin Najet Adouani ist eine kritische Autorin, die sich für Freiheit, Frieden und die Rechte von Frauen einsetzt. Sie wurde 1956 im Süden Tunesiens geboren und begann bereits als Kind zu schreiben. Frühe Erfahrungen mit der Gewalt des totalitären tunesischen Regimes prägten sie und politisierten ihre Arbeit. Sie studierte Journalismus und schrieb während ihres Studiums für verschiedene oppositionelle Zeitungen. Ihre journalistische Arbeit brachte sie immer wieder in Schwierigkeiten und führte dazu, dass sie auf die „schwarze Liste“ gesetzt wurde. Auch nach der tunesischen Revolution kämpfte sie weiter für Meinungsfreiheit und die Rechte von Frauen, schrieb für verschiedene Zeitungen und ein Radiomagazin. Sie wurde wiederholt bedroht und gezwungen, ihre Arbeit für das Radio einzustellen. Sie durfte nicht mehr veröffentlichen und musste all ihre schriftstellerischen Tätigkeiten aufgeben. Trotzdem wurden Adouani und ihre Familie weiterhin unter Druck gesetzt. Im Oktober 2012 floh sie deshalb ins Exil nach Deutschland, musste allerdings ihre drei erwachsenen Söhne zurücklassen. Sie fand zunächst Aufnahme im Friedl-Dicker-Stipendium des Vereins Weimar – Stadt der Zuflucht e.V.. Von April 2013 bis April 2016 war sie Gast des Writers-in-Exile Programms des PEN-Zentrums Deutschland. Adouani veröffentlichte sechs Lyrikbände und eine Sammlung von Kurzgeschichten auf Arabisch, weitere 15 Manuskripte warten auf eine Veröffentlichung. Ihre Gedichte wurden ins Englische, Französische, Spanische und Hindi übersetzt. Sie nahm an zahlreichen arabischen und internationalen Lyrikfestivals teil und ist seit 1982 Mitglied der tunesischen Schriftstellervereinigung. 2010 gewann sie den Feminine Poetry Prize. Fünf ihrer Gedichte erschienen in der vom PEN-Zentrum herausgegebenen Anthologie Fremde Heimat – Texte aus dem Exil erstmals in deutscher Übersetzung. Ihre Gedichte setzen sich auf sehr persönliche Weise mit Trauer, Verlust und Gewalterfahrungen auseinander. 2015 erschien mit Meerwüste (Lotos Werkstatt) ein deutsch-arabischer Lyrikband Adouanis in Berlin. 2017 wurden mehrere ihrer Gedichte in der PEN-Anthologie Zuflucht in Deutschland. Texte verfolgter Autoren im S. Fischer Verlag veröffentlicht. Seit 2018 ist Adouani PEN-Mitglied.

„Mit den Flügeln
eines Schmetterlings,
der im Inneren verbrennt,
haben sie mich gefesselt.
Auf der Straße der Freiheit
hinter meinem Spiegelbild
verschanzt,
spiele ich meine Niederlagen
einer Frau zu,
die meine Tränen hasst.
Einer Frau,
die meine Zähmung erlebte,
sah,
wie man mich umprogrammiert hat,
damit ich den Regeln entspreche,
wie man mich dressiert hat,
damit ich meinem Ich entgleite,
mich selber breche,
um
anzunehmen das Gesicht meiner Bändiger,
mich zu verwandeln,
hinter ihrer Maske
sie zu werden
und mir selbst entgegenzutreten. […]“

Aus: Fremde Heimat. Texte aus dem Exil, hrsg. von Christa Schuenke und Brigitte Struzyk

Zhou Qing

Zhou Qing wurde 1964 in Xian in der Provinz Shaanxi geboren. Er ist Journalist, Sachbuchautor und politischer Berichterstatter, außerdem Spezialist für Oral History. 1989 wurde er wegen Beteiligung an der Demokratiebewegung zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Weil er sich weigerte, ein Geständnis abzulegen und außerdem einen Fluchtversuch wagte, wurde die Strafe um weitere acht Monate verlängert. Zhou Qing ist Herausgeber der Zeitschrift Oral Museum  und ehemaliger Redaktionsleiter der wöchentlich in China erscheinenden Zeitung Legends & Stories. Sein Buch What Kind of God: A Survey of the Current Safety of China’s Food (Wovon soll sich unser Volk in Zukunft ernähren – Skandale um Lebensmittel) erschien in über zehn Ländern, u.a. in Deutschland, Italien, Japan und wurde zum internationalen Bestseller. Für dieses Buch erhielt er 2006 den Lettre Ulysses Award for the Art of Reportage. 2007 erhielt er von der Australian International Scholar Foundation eine Auszeichnung für die beste politische Reportage. Er ist Mitglied der Chinesischen Gesellschaft für Studien der Volksliteratur und Kunst sowie des Unabhängigen Chinesischen PEN-Zentrums; von letzterem erhielt er 2009 einen Preis für die Freiheit des Schreibens. Zhou Qing befasste sich u.a. mit sozialen Brennpunkten in China, so z.B. in seinen Büchern Krisen des GesundheitswesensExil im Heimatland  und in einer Sammlung von Interviews mit Drogenabhängigen. Nach einem Jahr Stipendium im Heinrich-Böll-Haus war Zhou Qing von September 2009 bis August 2012 Stipendiat im Writers-in-Exile Programm des deutschen PEN-Zentrums. Im Münchener Exil beschäftigte er sich vor allem mit der Lage der Wanderarbeiter und mit der Todesstrafe in seiner Heimat. Mittlerweile lebt er in Berlin und arbeitet an einem neuen Dokumentarfilm über das „anti-hoodlum-movement“ (1983), eine künstlerisch-soziale Bewegung aus Xi’an/China.

Foto: privat

Liu Dejun

Der chinesische Blogger und Menschenrechtsaktivist Liu Dejun wurde 1976 in der Provinz Hu Bei in China geboren. Nach dem Studium an einer Polizeiuniversität arbeitete er einige Jahre als Pädagoge in einem Gefängnis. Über westliche Radiosendungen erfuhr er von chinesischen Menschenrechtsaktivisten und ihren Problemen, was ihn gleichermaßen beeindruckte und bestürzte. Im Jahr 2000 quittierte er den Dienst und ging nach Peking, um sich mit anderen Dissidenten und Menschenrechtsverteidigern zusammenzuschließen. Im Jahr 2003 begann er in der Arbeiterstadt Guangdong Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren, während er selbst in einer der großen Fabriken arbeitete. Fünf Monate später wurde ihm gekündigt. Man warf ihm vor, die in seiner Arbeitsstätte tätigen Wanderarbeiter über ihre Arbeitsrechte aufzuklären. Er wurde mehrfach verwarnt und verhaftet. Im Jahr 2007 gründete er eine NRO mit dem Ziel, Wanderarbeiter durch rechtliche Schulungen vor Willkür und Ausbeutung zu schützen. Erneut wurde er kurzzeitig verhaftet. Nach seiner Freilassung stand er jenen bei, deren Häuser für Großprojekte illegal abgerissen wurden, die fliehen mussten und sich nicht zu helfen wussten. 2010 kam er wieder ins Gefängnis, wurde misshandelt und anschließend in einem Vorort von Peking ausgesetzt. Seine Geschichte wurde von dem Künstler Ai Weiwei eindrucksvoll verfilmt. Misshandlung durch die Polizei und Willkür bei Verfolgung und Verhaftung blieben die Themenschwerpunkte in seinen Blogs. Auf seinen Aufruf hin, dem arabischen Frühling auch in China zu folgen, wurde er erneut verhaftet und misshandelt, seine Blogs berichteten davon. Immer mehr Freunde verschwanden, seine Familie wurde vernommen und drangsaliert. Dank der Organisation „Frontline Defenders“ konnte er 2013 an einem Englischkurs in Irland teilnehmen. Von November 2013 bis November 2016 war er Stipendiat im Writers in Exile-Programm des deutschen PEN-Zentrums in Nürnberg. Im Februar 2014 wurde Lius chinesisches Blog zensiert und gelöscht, seitdem berichtet er auf der neu eingerichteten Internetseite www.freeinchina.org über Menschenrechtsverletzungen in seiner Heimat, u.a. auch auf Deutsch. Liu Dejun studierte ab dem Wintersemester 2015 Politikwissenschaft und Öffentliches Recht an der Universität Erlangen. Seit dem Sommersemester 2017 studiert er an der Universität in Erlangen Rechtswissenschaften mit dem Ziel, das Rechtssystem in China zu reformieren. Ein Text von Liu erschien 2017 in der PEN-Anthologie Zuflucht in Deutschland. Texte verfolgter Autoren im S. Fischer Verlag.

Foto: Simone Ahrend