Cosmos Eglo Akoete

Cosmos Eglo Akoete wurde 1963 in Lomé, der Hauptstadt Togos, geboren. Er ist Schriftsteller und Menschenrechtsaktivist. Im Zuge einer Hausdurchsuchung vernichteten Soldaten 1992 sein Manuskript zu einem Langgedicht. Er selbst wurde verhaftet, stundenlang verhört, gefoltert und schließlich gezwungen zu schwören, dass er nie wieder etwas Politisches schreiben werde. Als er 1996 auf einer Kundgebung in Lomé mitteilte, einen Roman zu schreiben, in dem er sich kritisch mit dem System in Togo auseinandersetzen wolle, wurde der Druck verschärft. So blieb ihm nur die Flucht ins benachbarte Ghana. Auch dort war er politisch aktiv, gründete ein Amnesty-International-Büro in Hohoe und eine NRO, die sich für das Verbot der rituellen Versklavung junger Mädchen einsetzt. Da die Regierungen Ghanas und Togos freundschaftliche Beziehungen miteinander pflegen, darf ein in Togo Verfolgter in Ghana schwerlich auf Hilfe hoffen. Als Cosmos Eglo Akoete 2003 um Asyl bat, blieb sein Antrag fünf Jahre „unauffindbar“ und als er ihn 2008 erneut stellte, empfahl man ihm, doch einfach mit dem Schreiben aufzuhören, dann könne er getrost nach Togo zurückkehren. Deshalb blieb er weiterhin ohne Pass und Flüchtlingsstatus. Nachdem der PEN im März 2010 seinen Antrag auf ein Writers-in-Exile-Stipendium positiv beschied, wurde er in Ghana noch stärker drangsaliert, und auch die deutschen Behörden wiesen ihn zunächst aufgrund des fehlenden Passes ab. So dauerte es zwei Jahre, bis er sein Stipendium antreten konnte. Von April 2012 bis April 2013 war er Stipendiat des Writers-in-Exile Programms des PEN.

Ana Lilia Pérez

Die Schriftstellerin und Journalistin Ana Lilia Pérez wurde 1976 in Mexiko-Stadt geboren. Sie studierte Geschichte, Publizistik, Finanzjournalismus und  Kommunikationswissenschaft, bevor sie begann, als Journalistin zu arbeiten. Bald war sie eine der renommiertesten Reporterinnen Mexikos, seit 2003 arbeitete sie für die großen politischen mexikanischen Magazine Contralínea und Fortuna, aber auch für wichtige internationale Medien. Bekannt wurde sie durch die Aufsehen erregenden, akribisch und mutig recherchierten Reportagen in den großen mexikanischen Publikationsorganen wie La Jornada, El Financiero, oder Milento und vielen anderen internationalen Zeitschriften. Ihr spezieller Themenbereich umfasst die Korruption im Land, Geldwäsche und Menschenhandel, das organisierte Verbrechen, ganz besonders die heillose Verstrickung von Politikern und Wirtschaftsunternehmen mit der Mafia. Ana Lilia Pérez publizierte mehrere Bücher über das, was ihr bei ihren Recherchen widerfuhr. 2010 erschien Camisas Azules, Manos Negras (Blaue Hemden, schwarze Hände, Random House) und 2011 El Cártel Negro: Cómo el crimen organizado se ha apoderado de Pemex (Random House), in denen sie ihre Nachforschungen über die illegalen Geschäfte des staatlichen Mineralölkonzerns Petróleos Méxicanos (Pemex) dokumentiert und die Vernetzung hoher Staatsbeamter der mexikanischen Regierung mit der Mafia und der organisierten Drogenkriminalität im ganz großen Stil unter Beweis stellt. Ihre abenteuerlichen, mutigen, oft lebensbedrohlichen Recherchen hatten willkürliche Haftbefehle, Verfolgung, Androhungen gerichtlicher Verurteilungen und Morddrohungen zur Folge. Trotz ihrer angespannten Situation in Mexiko blieb sie kämpferisch und beharrte ohne Zugeständnisse auf ihrem Recht auf Meinungsfreiheit. Für ihre Arbeit wurde sie vielfach ausgezeichnet, darunter 2012 mit dem „Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien“ der Leipziger Medienstiftung. Im Juni 2013 verlieh ihr die mexikanische Journalistenvereinigung die Medaille für die Verteidigung der Freiheit. Von Juli 2013 bis Juni 2014 war sie Stipendiatin im Writers-in-Exile Programm und kehrte anschließend nach Mexiko zurück, um dort ihre Arbeit fortzusetzen. 2014 wurde ihr Buch Mares de cocaína. Las rutas náuticas del narcotráfico in Mexiko veröffentlicht, 2016 erschien das Buch Kokainmeere. Die Wege des weltweiten Drogenhandels auf Deutsch.

Foto: Simone Ahrend

Arpita Roychoudhury

Die Bloggerin und Aktivistin Arpita Roychoudhury (Pseudonym) wurde 1995 in Bangladesch geboren. Aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit wurde sie als Mitglied einer hinduistischen Minderheit früh mit Diskriminierung konfrontiert. 2012 begann Arpita Roychoudhury, auf Facebook und bengalischen Blogs unter ihrem wahren Namen über die Diskriminierung von Frauen, Kindern und Minderheiten zu schreiben. Nachdem ihr Profil mehrfach gesperrt und ihr gedroht wurde, schrieb sie unter dem Pseudonym Arpita Roychoudhury.

In 2013 begann die bengalische Regierung auf Druck radikal-islamistischer Gruppen, Beiträge humanistischer und islamkritischer Autoren durch eine Änderung der Sektion 57 des Information & Communication Acts zu zensieren. Mehrere Blogger wurden auf grausame Weise ermordet, viele flohen ins Ausland und waren gezwungen, ihre Texte aus dem Internet zu löschen. Unter diesen Verschärfungen der Gesetze litt auch Roychoudhury, die Drohungen gegen sie verschärften sich zunehmend, ohne dass die Behörden etwas dagegen unternahmen.

Seit 2014 war Roychoudhury für den Blog „Nobojug“ (übersetzt: Neues Zeitalter) tätig, wo sie eine leitende Position einnahm. Als exponiertes Mitglied der feministischen, säkularen Blogger-Szene wurde sie in ihrer Heimat öffentlich belästigt, bedroht und misshandelt. Eine Gruppe Jugendlicher drang in ihr Elternhaus ein und bedrohte die ganze Familie. Roychoudhury wurde von einer Gruppe aggressiver Männer durch Vergewaltigung bedroht, außerdem gab es Morddrohungen. Nichtsdestotrotz begann sie einen Bachelor of Science in Botanik an der National University of Bangladesh, in der Hoffnung, auf dem Campus sicherer zu sein. Sie schrieb weiterhin kritische Blogbeiträge, bevor sie entführt, tagelang gedemütigt und gefoltert wurde. Auch die staatlichen Behörden verweigerten ihr die Unterstützung, selbst als Roychoudhury nach eigenen Angaben nur knapp einem Mordanschlag auf offener Straße entging.

Schließlich brach sie ihr Studium ab und floh mithilfe eines Stipendiums von Frontline Defenders (FLD), Center of Inquiry (CFI), Protecting Belief Asia Region und Forum Asia, gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester nach Indien. Von Dezember 2017 bis Dezember 2018 lebte Arpita Roychoudhury als Writer in Exile im Stipendienprogramm des deutschen PEN in Berlin. Im Dezember 2018 verstarb sie in Deutschland.

Foto: Stefanie Silber

Aleksei Bobrovnikov

Der ukrainische Autor und investigative Journalist Aleksei Bobrovnikov entlarvte durch seine Recherchen Verbindungen zwischen einem Schmugglerring und dem ukrainischen Militär. Daraufhin erhielt er öffentlich Todesdrohungen und sah sich gezwungen, seine Heimat zu verlassen.
Der Print- und Fernsehjournalist Aleksei Bobrovnikov wurde 1979 in der Ukraine geboren. In zahlreichen Verlagen veröffentlichte er seine Bücher und Kurzgeschichten in ukrainischen Wochenmagazinen. Sein jüngstes Buch The Edges of Georgia erschien beim ukrainischen Verlag  Kharkiv, der dem Bertelsmann Verlag untersteht. Zudem hat er als Drehbuchautor gearbeitet, unter anderem für den Dokumentarfilm „Katyn: Letters from Paradise“, der in Polen und der Ukraine große Beachtung fand.
Die seit 2014 umkämpfte Region Donbas war seit dem Austritt der Ukraine aus der UdSSR stets ein Tummelplatz für Schmuggler, Geldwäscher und das grenzübergreifende organisierte Verbrechen. Um den Schmuggel mit Waffen, Tabak, Treibstoff, Hilfsgütern, Gold und anderem nach Russland und in die Ukraine zu unterbinden, rief Kiew eine spezielle Fahndertruppe ins Leben. Der Chef und einige Mitglieder dieser Einheit sowie diverse Strippenzieher unter den Schmugglern und ihren politischen Hintermännern sind seitdem ums Leben gekommen. Seit Anfang 2014 berichtete Bobrovnikov über die Majdan-Proteste in Kiew und hat seit 2015 über Schmugglerrouten im umkämpften ostukrainischen Donbas recherchiert. Im Verlauf seiner Recherche war er auf Verwicklungen der 92. Brigade, einer ukrainischen Eliteeinheit, unter anderem in Schmuggelgeschäfte mit russischen Militärs und Separatisten gestoßen. Aufgrund seiner Recherchen erhielt er mehrfach Drohungen, sogar vor laufender Kamera. Auch das Militär fordert öffentlich
seinen Tod, so schreibt der Offizier Leonid M. auf Facebook: „Sie müssen sterben. Und zwar schneller als sie glauben.“ Sein wichtigster Zeuge, ein Fahnder des ukrainischen Geheimdienstes, der den Schmuggel dokumentierte, wurde in einem von der 92. Brigade kontrollierten Gebiet ermordet.
Seine Recherche-Ergebnisse gegen Mitglieder der 92. Brigade wurden von derMilitärstaatsanwaltschaft in Kiew nie ausgewertet. Stattdessen wurden die Ermittlungen gegen alle Verdächtigen im vergangenen Oktober überraschend eingestellt, teilte die Hamburger Stiftung für
politisch Verfolgte mit. Bobrovnikov arbeitete damals für den Sender 1+1, der einem Oligarchen gehört. Seine Radaktion setzte ihn immer stärker unter Druck und drängte ihn, seine Recherchen einzustellen. Im Juni 2016 musste er schließlich kündigen. Selbst als er mehrere Monate in der
Westukraine untertauchte, erhielt er weiterhin Drohungen. Im September 2016 wurde Bobrovnikov vor einem Mordplan des ukrainischen Militärdienstes gewarnt und verließ das Land fluchtartig.

Von Januar 2017 bis Februar 2018 war er Gast der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte. Derzeit arbeitet er an einem Buch über den Schmuggel in der Ostukraine. Er war von 2018 bis 2021 Stipendiat des Writers-in-Exile Programms des deutschen PEN.

Bedeutungslose Daten

Bedeutungslose Daten
erinnern dich an
die Bedeutung.
Die Macht der Null
dieser Grundbegriff der Mathematik
das Ding, das zum Aufstieg und zum Untergang von Reichen führte
lange vor dem Manhattan-Projekt —
diese Multiplikationskraft des Nichts
die einem die Geldbörse leer macht
den Kopf aber
auffallend
voll

Amir Valle

Amir Valle wurde 1967 in Guantánamo auf Kuba geboren. In Santiago de Cuba und in La Habana studierte er Journalismus und Publizistik. Seit dem Ende seines Studiums im Jahr 1989 ist er als Autor, Literaturkritiker und Journalist tätig. Er wurde mit zahlreichen Literaturpreisen geehrt, unter anderem mit dem kubanischen Preis La Llama Doble für erotische Romane und dem Internationalen Rodolfo-Walsh-Preis für sein Buch Jineteras. Seine Kurzgeschichten und Literaturkritiken erschienen in zahlreichen Anthologien und Zeitschriften in Kuba und wurden international publiziert. Er hat über 20 Bücher veröffentlicht, die wie seine Artikel in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Bis zu deren Verbot durch die kubanischen Literaturbehörden war er als Herausgeber der Internet-Zeitschrift Letras en Cuba  und des Magazins A título personal – Boletín Internacional de Noticias Literarias  tätig und arbeitete danach als Chefkoordinator der Colección Cultura Cubana sowie als Herausgeber der Literaturzeitschrift Cara y Cruz des Verlags Plaza Mayor aus Puerto Rico. Die kubanische Regierung betrachtete seine internationalen Erfolge kritisch und tat alles, um ihm die Arbeit zu erschweren. Als das kubanische Kulturministerium per Eilresolution ein generelles Verbot aussprach, mit Amir Valle zusammenzuarbeiten, waren er und seine Familie in Gefahr. Nachdem seine Studie über Prostitution in Kuba heimlich auf der Insel Verbreitung fand, obwohl Fidel Castro höchstpersönlich das Buch geächtet hatte, wurde seine Lage immer bedrückender. Nach einer Buchpräsentation in Spanien wurde ihm die Rückkehr nach Kuba verweigert. Im März 2006 kam er mit seiner Familie als Gast des Heinrich-Böll-Hauses nach Deutschland und war danach von August 2006 bis Oktober 2009 Stipendiat im Writers-in-Exile-Programm des PEN. Mehrere seiner Bücher sind in deutscher Übersetzung erschienen, darunter die Romane Die Wörter und die TotenDie Türen der NachtDie Haut und die Nackten  oder die Dokumentation Habana Babilonia. Prostitution in Kuba. Im April 2010 kam der Band Abstieg in die Hölle – Zwei Thriller aus Kuba heraus. 2017 erschien ein Text Valles in der PEN-Anthologie Zuflucht in Deutschland. Texte verfolgter Autoren im S. Fischer Verlag.

Mit seiner Familie lebt Amir Valle heute als freier Schriftsteller und Journalist für verschiedene deutsche und spanischsprachige Medien in Berlin. Er ist Gründer und Herausgeber der iberoamerikanischen Online-Kulturzeitschrift OtroLunes.com und veröffentlichte zuletzt Romane und Anthologien in Spanien und Italien.

Foto: privat

Abbad Yahya

Der palästinensische Soziologe, Journalist und Autor Abbad Yahya wurde 1988 in Ramallah geboren. Er studierte Journalismus (Print und TV, 2009, Bachelor) und Soziologie (2013, Master) an der Birzeit Universität in Ramallah. Als Journalist, Moderator, politisch-kultureller Korrespondent und Redakteur arbeitete er für verschiedene Radiosender und Zeitungen, schrieb etwa eine Kolumne für Al-Araby Al-Jadeed. Seit 2015 ist er Chefredakteur der Ultra Sawt Agency mit Sitz in Ramallah. Daneben veröffentlichte er vier Romane. Im März 2017 war er einer von sieben Promotionsstipendiaten an der Birzeit Universität in Ramallah.

Nach Veröffentlichung seines vierten Kriminalromans „Crime in Ramallah“ wurde er im Februar 2017 auf die Fahndungsliste der palästinensischen Polizei gesetzt. Einer Festnahme entging Yahya rein zufällig, weil er sich gerade zu dem Zeitpunkt in Doha/Katar aufhielt. In dem Buch thematisiert er gesellschaftliche Tabus wie religiösen Extremismus und Fanatismus sowie Homosexualität. Der palästinensische Generalstaatsanwalt von der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Ahmad Barak, bezeichnete die Inhalte des Romans als „unanständige Texte und Begriffe, die gegen Moral und Anstand verstoßen und so der Öffentlichkeit und insbesondere Minderjährigen schaden“. Daraufhin wurde das Buch in Buchhandlungen und Bibliotheken im ganzen Land von der Polizei konfisziert. Zudem wurde der Herausgeber des Buches 24 Stunden lang von der Polizei festgehalten.

Yahya, der nicht mit einer solchen Reaktion gerechnet hatte, droht im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland ebenfalls eine Inhaftierung. Unterstützung erhält er sowohl vom palästinensischen Kulturminister Ehab Bseisso also auch 99 palästinensischen Schriftstellern, Akademikern und Forschern, die gemeinsam eine Petition für die Aufhebung des Verbots sowie des Haftbefehls gegen Yahya unterzeichneten. Allerdings gab es auch Kritik aus dem Literaturbetrieb, unter anderem von Murad Sudani, dem Leiter des palästinensischen Autorenverbands. Ebenso auf Facebook erfährt Yahya auch Anfeindungen, mitunter auch Morddrohungen, die sich sowohl gegen ihn als auch seine Familie richten. Von April bis Juli 2017 war er Stipendiat im Writers-in-Exile Programm des PEN.

Foto: Roland Baege

Fethiye Çetin

Fethiye Çetin wurde 1948 in der Türkei geboren. Sie wuchs in Maden in der Provinz Elazig im Osten der Türkei auf und studierte an der Universität Ankara Rechtswissenschaften. Nach dem Militärputsch von 1980 wurde sie verhaftet und nach dem berüchtigten § 141 (Verletzung des Nationalgefühls) zu drei Jahren Haft verurteilt. 1991 wurde dieser Paragraph abgeschafft, das Urteil wurde aufgehoben. Als Rechtsanwältin und Aktivistin ist Çetin seit dreißig Jahren eine engagierte Anwältin der Menschenrechte, der Rechte von Minderheiten sowie des Rechts auf freie Meinungsäußerung. So war sie auch Verteidigerin des bekannten armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink, der am 19. Januar 2007 auf offener Straße ermordet wurde – das PEN-Zentrum Deutschland ehrte die von ihm herausgegebene Zeitschrift AGOS 2007 mit dem Hermann-Kesten-Preis. Seit Dinks Tod ist sie die maßgebliche juristische Vertreterin im Verfahren um seine Ermordung, außerdem vertritt sie Dinks Familie und die Zeitschrift AGOS auch weiterhin vor den türkischen Gerichten und vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und ist Justitiarin der Hrant Dink Stiftung. Çetin ist überdies Verfasserin zweier Bücher über die Islamisierung der Armenier und ein häufiger Gast sowohl in Fernseh-Talkshows innerhalb und außerhalb der Türkei als auch auf vielen Konferenzen und eine gefragte Interviewpartnerin für die nationale und internationale Presse. In der Öffentlichkeit ist sie gewissermaßen das Gesicht des Prozesses um die Ermordung Hrant Dinks. Das macht sie zum Hassobjekt für jene ultranationalistischen Kräfte, die diesen Mord in Auftrag gaben. Sie erhielt zahllose Morddrohungen und stand seit Herbst 2011 in der Türkei unter massivem Polizeischutz. Dennoch haben ihre Freunde ihr geraten, angesichts der zunehmenden Gefährdung ihres Lebens zumindest für einige Zeit ins Ausland zu gehen. Von Februar 2012 bis Januar 2013 war sie Stipendiatin des Writers-in-Exile Programms des PEN und lebte in Berlin. Im Anschluss kehrte sie zurück in die Türkei. 2017 erschien ein Text von Çetin in der PEN-Anthologie Zuflucht in Deutschland. Texte verfolgter Autoren.

Shahla Sultanova

Shahla Sultanova, geboren 1980, ist eine aserbaidschanische Journalistin und Medientrainerin. In Aserbaidschan studierte Sultanova zunächst Anglistik, danach, durch mehrere Stipendien gefördert, in Georgien und den USA Journalistik und Medienmanagement. Als Radiomoderatorin und Reporterin sah sie ihre Schwerpunkte zunehmend in Themen zu Gesellschaft und Wirtschaft in Aserbaidschan; Fragen zu Menschenrechten und Demokratie in der Kaukasusregion wurden für sie immer dringlicher. Es folgten Lehraufträge in den Fächern Journalismus, Kommunikationswissenschaften und Betriebswirtschaftslehre an aserbaidschanischen und amerikanischen Universitäten und Bildungseinrichtungen. Sultanova arbeitete zuletzt als investigative Journalistin zu sicherheitspolitisch sensiblen Themen, etwa über militärische Kooperationen in der Schwarzmeerregion. Damit geriet sie in den Fokus der aserbaidschanischen Sicherheitskräfte. Sie und ihr Kollege wurden bedrängt und eingeschüchtert, man wollte sie zwingen, die Recherchen abzubrechen. Ihr Wohnhaus wurde von Armeeangehörigen durchsucht, sie wurde vehement bedroht, schließlich versuchte man auch ihre Familie einzuschüchtern. Shahla Sultanova war von Mai 2014 bis Mai 2015 Elsbeth-Wolffheim-Stipendiatin der Stadt Darmstadt und wurde durch den PEN betreut. Heute ist sie Dozentin an der Frankfurter University of Applied Sciences sowie an der Hochschule Darmstadt.

Foto: PEN-Zentrum

Fatuma Nurye Yimam

Die äthiopische Journalistin und Aktivistin Fatuma Nurye Yimam recherchierte über illegale Migrationsrouten nach Dschibuti und andere Nachbarländer Äthiopiens. Sie gründete die Zeitung „Fact“, in der sie Missstände kritisierte. Die Regierung erhob daraufhin Anklage gegen sie, woraufhin sie zunächst in benachbarten Ländern Zuflucht suchte, bevor sie schließlich nach Deutschland kam.

Foto: Stefanie Silber

Zaza Burchuladze

Zaza Burchuladze wurde 1973 in Tiflis geboren und beschreibt sich selbst als zeitgenössischen postmodernen Autor. Bevor er als Schriftsteller und Übersetzer arbeitete, studierte er Malerei an der staatlichen Kunstakademie Tiflis. Er ist Verfasser mehrerer Romane, Essaysammlungen und Kurzgeschichten. Als freier Journalist schrieb er Beiträge für Radio Free Europe/Radio Liberty. Er übersetzte russische Literatur von Dostojewski, Kharms und Sorokin ins Georgische und lehrte am kaukasischen Medien-Institut Literatur und zeitgenössische Kunst. Seine Erzählungen schockierten das Publikum, seine provozierenden Themen und sein experimenteller Schreibstil führten dazu, dass er lange Zeit von den Kritikern seines Landes mit Nichtachtung gestraft wurde. Trotzdem gehört er seit der Veröffentlichung seiner Romane zu den bedeutendsten Schriftstellern der postsowjetischen Ära in Georgien. Mehrere seiner Werke wurden ins Russische, Polnische, Rumänische, Englische und Französische übersetzt, der Roman Adibas erschien im Herbst 2015 auf Deutsch. Inflatable Angel wurde 2011 als bester georgischer Roman ausgezeichnet. In seinen Romanen greift Zaza Burchuladze immer wieder Themen auf, die in seinem Land als Tabus gelten: Texte über politischen Konformismus, Geschichten über Gewalt und Brutalität, weltanschauliche und religiöse Themen und Sexualität. Zusammen mit seinen intellektuellen Freunden stand er immer wieder in der ersten Reihe verschiedener Protestgruppen und lieferte sich harte Wortgefechte mit Zeitungs- und Fernsehjournalisten in der Öffentlichkeit. Wiederholt wurde er in seiner stark religiös geprägten Heimat wegen seiner öffentlich vorgetragenen verbalen Provokationen verfolgt, vehement bedroht und schließlich auf offener Straße niedergeschlagen. Trotz der Anzeige von rund 100 Kollegen wurde bis heute nichts zur Ergreifung des Täters unternommen. Auch der Aufruf des georgischen PEN, dass die Hauptfiguren eines Romans nicht mit dem Autor selbst zu verwechseln sind, blieb erfolglos. Von Januar 2014, nach einem Jahr als Gast im Böll-Haus Langenbroich, bis Januar 2017 war Zaza Burchuladze Writers-in-Exile Stipendiat des PEN. Im Frühjahr 2017 erschien sein Roman Touristenfrühstück, für den er 2018 mit dem Brücke-Berlin-Preis ausgezeichnet wurde. Mitte September 2018 ist sein Roman Der aufblasbare Engel, die deutsche Übersetzung von Inflatable Angel, im Aufbau-Verlag erschienen.