Claudia Anthony

Claudia Anthony wurde 1963 in Freetown, Sierra Leone, geboren. Während ihres Studiums an der Universität Kiew brach in ihrer Heimat im März 1991 ein grausamer Bürgerkrieg aus; bewaffnete Horden massakrierten wahllos Tausende von Frauen, Männern und Kindern. 1992 kontrollierte die mächtigste Rebellengruppe, die Revolutionäre Vereinigte Front (RUF), den Osten und Süden des Landes. Nachdem Claudia Anthony am Ukrainischen Institut für Internationale Beziehungen den Grad eines Masters im Fach Völkerrecht erworben hatte, kehrte sie 1995 nach Sierra Leone zurück, wo sie ihre journalistische Aufklärungsarbeit fortsetzte. Als sie Verbrechen von Mitgliedern des Obersten Rates des AFRC (Armed Forces Revolutionary Council) nachwies und im Dezember 1998 über ein geplantes Massaker durch die Rebellen schrieb, wurde sie des „unverantwortlichen Journalismus“ bezichtigt, der „die Staatssicherheit untergraben“ wolle. Am 31. Dezember 1998 brannten Rebellen das Wohnhaus der Familie in Waterloo, Sierra Leone, nieder, seitdem waren sie, ihre zwei Kinder und ihre Mutter Heimatvertriebene im eigenen Land. Am 7. Januar 1999 brannten bewaffnete Männer und Jugendliche das Redaktionsgebäude der Zeitung Tribune of the People, deren Gründerin und geschäftsführende Herausgeberin sie war, vollständig nieder. Noch im November 1999 gründete Claudia Anthony die Alliance for Female Journalists, eine Organisation, die sich für die Belange der wenigen Journalistinnen in Sierra Leone einsetzte. Von September 2000 bis Dezember 2005 war sie Stipendiatin im Writers-in-Exile Programm des PEN. Während ihres Aufenthalts in Berlin absolvierte sie ein Masterstudium für Intercultural Conflict Management. 2006 kehrte Claudia Anthony zurück nach Sierra Leone, wo sie zunächst als Programmkoordinatorin des United Nations Radio arbeitete. 2010 bekam sie den Auftrag, als leitende Radioproduzentin für die BBC in Sierra Leone das Programm um den Prozess des ehemaligen liberianischen Präsidenten Charles Taylor zu gestalten. Im selben Jahr wurde sie zunächst zur Chefin der Redaktion der aktuellen Nachrichten und wenig später zur Leiterin des BBC Radioprogramms von Sierra Leone berufen. Mittlerweile ist sie als Beraterin für BBC und andere Sender tätig.

Faraj Sarkohi

Faraj Sarkohi wurde 1947 in Shiraz/Iran geboren. Er studierte Soziologie und persische Literatur in Täbriz und Teheran. Als Student beteiligte er sich an Demonstrationen gegen den Schah und schrieb zahlreiche regimekritische Artikel, 1971 wurde er dafür zu fünfzehn Jahren Haft verurteilt. 1979 durch die Islamische Revolution aus der Haft befreit, schloss er sich schon bald der Opposition gegen das Mullah-Regime an. 1985 gründete er das Kulturmagazin Adineh, dessen Chefredaktion er für elf Jahre übernahm. 1996 wurde er als der Wortführer einer Schriftstellerinitiative gegen Zensur verhaftet und ein Jahr darauf in einem geheimen Verfahren zum Tode verurteilt. Aufgrund internationaler Proteste mehrerer Menschenrechtsorganisationen und des PEN, aber auch einiger westlicher Regierungen wurde das Urteil revidiert und in eine einjährige Haftstrafe umgewandelt. Weltweite öffentliche Proteste bewogen die iranische Regierung schließlich dazu, Faraj Sarkohi die Ausreisegenehmigung zu erteilen – im Mai 1998 kam er nach Deutschland, wo er zunächst als Gast des Projekts Städte der Zuflucht in Frankfurt Unterkunft fand. Von Mai 2000 bis April 2006 war er Stipendiat im Writers-in-Exile Programm des PEN. Er ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und wurde mit zahlreichen internationalen Preisen, unter anderem 1998 mit dem Tucholsky-Preis für politisch verfolgte Schriftsteller und 2000 mit dem World Press Freedom Hero ausgezeichnet. Faraj Sarkohi lebt heute in Frankfurt am Main und arbeitet für Funk und Zeitung.

Foto: Simone Ahrend

Abderrahmane Bouguermouh

Abderrahmane Bouguermouh wurde 1936 in Izger Amokrane in Algerien geboren. Er studierte am Pariser Filminstitut und arbeitete von 1962 bis 1963 als Filmregisseur bei der Produktionsfirma R.T. Française. Seine Haltung zu den Berbern brachte ihm Schwierigkeiten mit den staatlichen Stellen in Algerien ein und führte zu seinem Ausschluss aus dem nationalen Film-Zentrum, dessen Mitbegründer er war. Ärger bekam er auch wegen der Realisierung eines Filmprojekts in der Sprache der Berber (1965); die Ausstrahlung des Films wurde verboten. In der Folge wurde Bouguermouh vom allgemeinen Überwachungsdienst beschattet, sein Telefon wurde abgehört. Zwischen 1968 und 1980 war er nicht nur von jeglicher geistig-kreativer Arbeit ausgeschlossen, sondern konnte auch nichts veröffentlichen. Da er keine Ausreisegenehmigung erhielt, dokumentierte er alles, was ihm widerfuhr – es entstand die Idee zu einem Roman. In den folgenden Jahren nahmen die Unruhen im Land zu. Zwar konnte er trotz großer Schwierigkeiten verschiedene Filmprojekte realisieren, doch nachdem er 1997 einen Berberfilm gedreht hatte, wurde er von den Fundamentalisten zum Tode verurteilt und entging nur knapp einem Attentat. 1998 erhielt er von der Heinrich-Böll-Stiftung ein einjähriges Arbeitsstipendium für das Heinrich-Böll-Haus, Langenbroich. Danach wurde ihm im Rahmen des Städte-der-Zuflucht-Programms bis August 2002 ein Stipendium in Graz gewährt, wo auch sein in Paris verlegter Roman Eclipse  entstand. Von September 2002 bis September 2003 war Abderrahmane Bouguermouh Stipendiat im Writers-in-Exile Programm des PEN. 2009 erschien sein Roman Anza. Am Ende kehrte Abderrahmane Bouguermouh nach Algerien zurück, wo er am 3.2.2013 verstarb.

Pınar Selek

Pınar Selek wurde 1971 in Istanbul geboren. Sie besuchte dort das französische Gymnasium und studierte Soziologie an der Mimar Sinan University. Sie beteiligte sich an der Organisation verschiedener Aktionen der Frauenbewegung und gründete das feministische Netzwerk Amargi, für dessen Magazin sie als Herausgeberin tätig ist. In ihren publizistischen Arbeiten beschäftigt sie sich mit Themen wie der Friedensbewegung, der Ausgrenzung von Minderheiten sowie den Zusammenhängen zwischen Militarismus und der Entwicklung der Geschlechtsidentität. Ihre soziologische Studie zur Kurdenfrage war manchen Kreisen in der Türkei ein Dorn im Auge. Um sie aus dem Weg zu räumen, wurde sie 1998 zu Unrecht beschuldigt, einen Anschlag verübt zu haben. Sie kam für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis und wurde schwer gefoltert. Aus der Untersuchungshaft entlassen, verbrachte sie den größten Teil des über sechzehn Jahre dauernden Verfahrens auf freiem Fuß und setzte ihre Arbeit fort. Schließlich wurde sie in drei aufeinanderfolgenden Verfahren freigesprochen. Ungeachtet dessen fordert die Staatsanwaltschaft weiterhin die Höchststrafe, „lebenslänglich unter verschärften Bedingungen“. Im Sommer 2009 kam sie nach Deutschland, von Dezember 2009 bis November 2011 war Pınar Selek Stipendiatin im Writers-in-Exile Programm des PEN. Sie hat mehrere Sachbücher mit soziologischer Thematik geschrieben und zahllose Artikel in türkischen und kurdischen Zeitungen veröffentlicht. Im Frühjahr 2010 erschien ihr Buch Zum Mann gehätschelt – zum Mann gedrillt und im Dezember 2011 ihr erster Roman Halbierte Hoffnungen. Im Frühjahr 2014 gab das Gericht in Ankara der Berufung endlich statt und der Prozess wurde noch einmal neu aufgerollt, schließlich wurde sie im Dezember 2014 zum vierten Mal freigesprochen. Am 25. Januar 2017 verkündete der Oberste Gerichtshof in der Türkei zum fünften Mal die Aufhebung des Freispruchs. Er fordert die erneute Verurteilung zu lebenslänglicher Haft. Seit 2012 lebte Pınar Selek in Straßburg, wo sie auch promovierte. Mittlerweile wohnt sie in Nizza und ist an der Universität Soziologiedozentin mit dem Schwerpunkt „soziale Bewegungen in der Türkei“.

Foto: Frederike Finster

Fouad Yazji

Fouad Yazji wurde 1959 in Homs geboren. Die Wurzeln seiner Eltern, orthodoxen Christen, gehen zurück bis auf den Schriftsteller und Übersetzer Ibrahim Al-Yazji, der ursprünglich aus dem Dorf Marmarite stammte. Eine Leidenschaft für die Mathematik hatte Fouad Yazji bereits im Kindesalter. Als junger Mann erwarb er einen Master in Pädagogik. Irgendwann stellte er allerdings fest, dass durch die Mathematik seine Fantasie nicht in dem Maße angeregt wurde, wie er sich das wünschte, und so entdeckte er eine neue Passion, nämlich das Schachspiel. Er nahm in Homs an einem Schachturnier teil – und gewann. Aber bald genügte ihm das Schachspiel nicht mehr, und so begann er sich immer mehr für die Literatur zu interessieren. Er begann zu schreiben, beflügelt durch die Lektüre des deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche. Dessen philosophische Texte beeinflussten Yazjis Schreiben immens. So nachhaltig, dass er einen Roman mit dem Titel Blaue Wolga schrieb, in den er eine Menge von Nietzsches Gedankengut einfließen ließ. Doch nicht nur Nietzsche, auch der mittelalterliche islamische Mystiker Daschalal ad-Din Rumi wirkte stark auf ihn ein. Sätze wie „Sei nicht ohne Liebe, sonst fühlst du dich wie tot, sterbe in Liebe, und lebe ewig“, haben sein Nachdenken über die Liebe stark geprägt. Unter diesem Eindruck hat Yazji den Roman Die sieben Gebete der Liebe geschrieben und sich an einige Übersetzungen aus dem Englischen ins Arabische gemacht. Seine Familie wurde im Krieg an verschiedene Orte Syriens verstreut. Von November 2015 bis Oktober 2018 war Fouad Yazji Stipendiat im Writers-in-Exile-Programm des deutschen PEN. 2017 erschien ein Text Yazjis in der PEN-Anthologie Zuflucht in Deutschland. Texte verfolgter Autoren im S. Fischer Verlag.

Foto: Roland Baege

Erik Arellana Bautista

Erik Arellana Bautista, geboren 1974 in Bogotá, ist ein kolumbianischer Menschenrechtsaktivist, Dokumentarfilmer, Journalist und Autor. Er gründete eine Stiftung, die nach seiner Mutter Nydia Erika Bautista benannt ist und arbeitet unermüdlich gegen das Vergessen der im bewaffneten kolumbianischen Konflikt Verschleppten und Verschwundenen. Arellana Bautistas Mutter, die in den achtziger Jahren politisch im Untergrund arbeitete, wurde 1987 durch kolumbianische Paramilitärs entführt und ermordet. Aufgrund seines Engagements wurde auch er verfolgt und bedroht. Von 1997 an lebte er zehn Jahre in Deutschland, hier konnte er Audiovisuelle Kommunikation an den Kunsthochschulen in Kassel und Weimar studieren, begann literarisch zu schreiben und Dokumentarfilme zu drehen. Immer wieder kehrte er zu seinem Hauptthema zurück: Die Verschwundenen und der Schmerz ihrer Angehörigen. „Das Verschwindenlassen löscht die Geschichte jedes einzelnen Menschen aus“, schreibt er. 2006 kehrte er nach Kolumbien zurück, um als Journalist und Universitätsdozent in Bogotá zu arbeiten. Es entstanden mehrere künstlerische Arbeiten, wie das audiovisuelle Projekt „Geomalla“ (2011), das Erinnerungsmodule und aktuelle Ausdrucksformen urbaner Subkulturen miteinander in Beziehung setzt. In seinem Gedichtband Transitos de un hijo al Alba (2011) beschäftigt er sich mit dem eigenen Schicksal als Sohn einer Verschwundenen und erzählt die Geschichte eines Volkes ohne Namen. Arellana Bautista begann damit, Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren und Erinnerung gegen Vergessen zu setzen, doch zunehmend geriet die Arbeit seiner Stiftung in Kolumbien unter Druck, Büroräume wurden überwacht, Mitarbeiter belästigt und verfolgt. Seine Wohnung wurde im Mai 2013 aufgebrochen und sein PC mit Informationsmaterial über jene Opfer, die von der Stiftung betreut wurden, gestohlen.

Von Juni 2014 bis Mai 2017 war er Stipendiat im Writers-in-Exile Programm des deutschen PEN-Zentrums und lebte in Hamburg. Bundesweit nahm Arellana Bautista an einer Vielzahl literarischer und künstlerischer Veranstaltungen teil, hielt Lesungen und referierte u.a. an Universitäten zur Problematik der Menschenrechte in Kolumbien sowie zum Thema Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerillagruppe FARC. Außerdem war er weiterhin als Journalist tätig und veröffentlichte Gedichte in der Zeitschrift die horen (Band 261, 2016). 2017 erschienen mehrere Texte Arellana Bautistas in der PEN-Anthologie Zuflucht in Deutschland. Texte verfolgter Autoren im S. Fischer Verlag. Im August 2017 kehrte Erik Arellana Bautista nach Kolumbien zurück.

Zobaen Sondhi

Zobaen Sondhi, geboren 1974 in Joypurhat, Bangladesch, arbeitete 21 Jahre als Bibliothekar des Dinajpur Textil-Instituts (Textile Institute Dinajpur, DTI), das dem Textil- und Jute-Ministerium Bangladeschs unterstellt ist. An der „Asian University of Bangladesh“ erwarb er einen Master of Science in „Information Science und Library Management“.

Sondhi ist Blogger, Dichter und Online-Aktivist. Er war Herausgeber der vierteljährlich erscheinenden bengalischen Literaturzeitschrift Ongshumali und Redakteur der monatlich erscheinenden Zeitschrift Bastra Jagat. Sondhi ist Mitbegründer der Internetseite Nobojug (New Age), ein Forum für Diversität und Toleranz. In seinen Texten konzentriert sich Sondhi auf die Verbreitung humanistischer Ideologien, islamischen Terrorismus, Zwangskonvertierung und Aberglaube. Sich selbst bezeichnet er als Atheist. In seinen Onlinetexten behandelt er Fragen zum Terrorismus und zu Menschenrechtsverletzungen, außerdem schreibt er immer wieder über das Verhältnis des Islam zur bangladeschischen Gesellschaft und den politisch instrumentalisierten Gewaltaspekten der Religion. Das letztgenannte Thema ist nicht zuletzt dem traurigen Umstand geschuldet, dass Sondhi selbst frühe Gewalterfahrungen am eigenen Leib erfahren musste. 1988 bereits war Sondhi politisch engagiert als Mitglied einer säkularen linksgerichteten Partei. Das wurde ihm zum Verhängnis, er fiel einem Angriff zum Opfer und wurde von gewaltbereiten radikal-islamistischen Fundamentalisten brutal angegriffen und schwer verletzt. Glücklicherweise konnte er von Passanten gerettet und noch rechtzeitig ins Krankenhaus gebracht werden.

Seit 2013 begann die Regierung Bangladeschs auf Druck radikal-islamischer Gruppen, Beiträge humanistischer und islamkritischer Autoren zu zensieren. Es kursierte eine Liste mit den Namen von zahlreichen islam-kritischen Bloggern, denen Blasphemie vorgeworfen wurde. Zobaen Sondhi war einer der Blogger auf dieser Liste. Später forderten fundamentalistische Gruppen mit mutmaßlicher Verbindung zu Al-Qaida und ISIS die Todesstrafe für diese Blogger. Sie kündigten an, einen nach dem anderen von ihnen zu exekutieren. Es begann eine Jagd auf die Online-Aktivisten, wobei einige auf grausame Weise getötet wurden. Panik verbreitete sich innerhalb der Blogger-Community, viele löschten ihre Texte und halten sich bis heute versteckt oder gingen ins Exil. Die Regierung und die Sicherheitsbehörden Bangladeschs sahen tatenlos zu und unternahmen nichts, um die Täter zu fassen. Bislang halten diese politisierten Hetzjagden an. Man ist nach wie vor bemüht, alle system- und islamkritischen Stimmen auszuschalten, um die innenpolitische Situation zu harmonisieren.

Auch Zobaen Sondhi erhielt Todesdrohungen. Die letzten Monate verbrachte Sondhi aus Angst vor Übergriffen fern seiner Heimat. Von August 2016 bis Oktober 2019 lebte Zobaen Sondhi als Writer in Exile im Stipendienprogramm des deutschen PEN in Berlin.

Foto: Stefanie Silber

Cosmos Eglo Akoete

Cosmos Eglo Akoete wurde 1963 in Lomé, der Hauptstadt Togos, geboren. Er ist Schriftsteller und Menschenrechtsaktivist. Im Zuge einer Hausdurchsuchung vernichteten Soldaten 1992 sein Manuskript zu einem Langgedicht. Er selbst wurde verhaftet, stundenlang verhört, gefoltert und schließlich gezwungen zu schwören, dass er nie wieder etwas Politisches schreiben werde. Als er 1996 auf einer Kundgebung in Lomé mitteilte, einen Roman zu schreiben, in dem er sich kritisch mit dem System in Togo auseinandersetzen wolle, wurde der Druck verschärft. So blieb ihm nur die Flucht ins benachbarte Ghana. Auch dort war er politisch aktiv, gründete ein Amnesty-International-Büro in Hohoe und eine NRO, die sich für das Verbot der rituellen Versklavung junger Mädchen einsetzt. Da die Regierungen Ghanas und Togos freundschaftliche Beziehungen miteinander pflegen, darf ein in Togo Verfolgter in Ghana schwerlich auf Hilfe hoffen. Als Cosmos Eglo Akoete 2003 um Asyl bat, blieb sein Antrag fünf Jahre „unauffindbar“ und als er ihn 2008 erneut stellte, empfahl man ihm, doch einfach mit dem Schreiben aufzuhören, dann könne er getrost nach Togo zurückkehren. Deshalb blieb er weiterhin ohne Pass und Flüchtlingsstatus. Nachdem der PEN im März 2010 seinen Antrag auf ein Writers-in-Exile-Stipendium positiv beschied, wurde er in Ghana noch stärker drangsaliert, und auch die deutschen Behörden wiesen ihn zunächst aufgrund des fehlenden Passes ab. So dauerte es zwei Jahre, bis er sein Stipendium antreten konnte. Von April 2012 bis April 2013 war er Stipendiat des Writers-in-Exile Programms des PEN.

Ana Lilia Pérez

Die Schriftstellerin und Journalistin Ana Lilia Pérez wurde 1976 in Mexiko-Stadt geboren. Sie studierte Geschichte, Publizistik, Finanzjournalismus und  Kommunikationswissenschaft, bevor sie begann, als Journalistin zu arbeiten. Bald war sie eine der renommiertesten Reporterinnen Mexikos, seit 2003 arbeitete sie für die großen politischen mexikanischen Magazine Contralínea und Fortuna, aber auch für wichtige internationale Medien. Bekannt wurde sie durch die Aufsehen erregenden, akribisch und mutig recherchierten Reportagen in den großen mexikanischen Publikationsorganen wie La Jornada, El Financiero, oder Milento und vielen anderen internationalen Zeitschriften. Ihr spezieller Themenbereich umfasst die Korruption im Land, Geldwäsche und Menschenhandel, das organisierte Verbrechen, ganz besonders die heillose Verstrickung von Politikern und Wirtschaftsunternehmen mit der Mafia. Ana Lilia Pérez publizierte mehrere Bücher über das, was ihr bei ihren Recherchen widerfuhr. 2010 erschien Camisas Azules, Manos Negras (Blaue Hemden, schwarze Hände, Random House) und 2011 El Cártel Negro: Cómo el crimen organizado se ha apoderado de Pemex (Random House), in denen sie ihre Nachforschungen über die illegalen Geschäfte des staatlichen Mineralölkonzerns Petróleos Méxicanos (Pemex) dokumentiert und die Vernetzung hoher Staatsbeamter der mexikanischen Regierung mit der Mafia und der organisierten Drogenkriminalität im ganz großen Stil unter Beweis stellt. Ihre abenteuerlichen, mutigen, oft lebensbedrohlichen Recherchen hatten willkürliche Haftbefehle, Verfolgung, Androhungen gerichtlicher Verurteilungen und Morddrohungen zur Folge. Trotz ihrer angespannten Situation in Mexiko blieb sie kämpferisch und beharrte ohne Zugeständnisse auf ihrem Recht auf Meinungsfreiheit. Für ihre Arbeit wurde sie vielfach ausgezeichnet, darunter 2012 mit dem „Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien“ der Leipziger Medienstiftung. Im Juni 2013 verlieh ihr die mexikanische Journalistenvereinigung die Medaille für die Verteidigung der Freiheit. Von Juli 2013 bis Juni 2014 war sie Stipendiatin im Writers-in-Exile Programm und kehrte anschließend nach Mexiko zurück, um dort ihre Arbeit fortzusetzen. 2014 wurde ihr Buch Mares de cocaína. Las rutas náuticas del narcotráfico in Mexiko veröffentlicht, 2016 erschien das Buch Kokainmeere. Die Wege des weltweiten Drogenhandels auf Deutsch.

Foto: Simone Ahrend

Arpita Roychoudhury

Die Bloggerin und Aktivistin Arpita Roychoudhury (Pseudonym) wurde 1995 in Bangladesch geboren. Aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit wurde sie als Mitglied einer hinduistischen Minderheit früh mit Diskriminierung konfrontiert. 2012 begann Arpita Roychoudhury, auf Facebook und bengalischen Blogs unter ihrem wahren Namen über die Diskriminierung von Frauen, Kindern und Minderheiten zu schreiben. Nachdem ihr Profil mehrfach gesperrt und ihr gedroht wurde, schrieb sie unter dem Pseudonym Arpita Roychoudhury.

In 2013 begann die bengalische Regierung auf Druck radikal-islamistischer Gruppen, Beiträge humanistischer und islamkritischer Autoren durch eine Änderung der Sektion 57 des Information & Communication Acts zu zensieren. Mehrere Blogger wurden auf grausame Weise ermordet, viele flohen ins Ausland und waren gezwungen, ihre Texte aus dem Internet zu löschen. Unter diesen Verschärfungen der Gesetze litt auch Roychoudhury, die Drohungen gegen sie verschärften sich zunehmend, ohne dass die Behörden etwas dagegen unternahmen.

Seit 2014 war Roychoudhury für den Blog „Nobojug“ (übersetzt: Neues Zeitalter) tätig, wo sie eine leitende Position einnahm. Als exponiertes Mitglied der feministischen, säkularen Blogger-Szene wurde sie in ihrer Heimat öffentlich belästigt, bedroht und misshandelt. Eine Gruppe Jugendlicher drang in ihr Elternhaus ein und bedrohte die ganze Familie. Roychoudhury wurde von einer Gruppe aggressiver Männer durch Vergewaltigung bedroht, außerdem gab es Morddrohungen. Nichtsdestotrotz begann sie einen Bachelor of Science in Botanik an der National University of Bangladesh, in der Hoffnung, auf dem Campus sicherer zu sein. Sie schrieb weiterhin kritische Blogbeiträge, bevor sie entführt, tagelang gedemütigt und gefoltert wurde. Auch die staatlichen Behörden verweigerten ihr die Unterstützung, selbst als Roychoudhury nach eigenen Angaben nur knapp einem Mordanschlag auf offener Straße entging.

Schließlich brach sie ihr Studium ab und floh mithilfe eines Stipendiums von Frontline Defenders (FLD), Center of Inquiry (CFI), Protecting Belief Asia Region und Forum Asia, gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester nach Indien. Von Dezember 2017 bis Dezember 2018 lebte Arpita Roychoudhury als Writer in Exile im Stipendienprogramm des deutschen PEN in Berlin. Im Dezember 2018 verstarb sie in Deutschland.

Foto: Stefanie Silber