Stella Nyanzi
EXIL — ein Ort,
Geschichten zu erzählen von
der Zeit,
als wir zu Hause waren
- Stella Nyanzi
Stella Nyanzi, geboren 1974 in Jinja, ist eine ugandische Wissenschaftlerin, Aktivistin und Dichterin. Bekannt wurde sie für ihre heftige Kritik am ugandischen Präsidenten Yoweri Kaguta Museveni, der seit mehr als 30 Jahren eine Diktatur führt. Dies führte zu Inhaftierungen für Nyanzi, warf aber auch Fragen der Redefreiheit und der politischen Unterdrückung in Uganda auf.
Im April 2017 wurde Dr. Nyanzi erstmals wegen eines auf Facebook geposteten Gedichts verhaftet. Darin kritisierte sie den ugandischen Staatspräsidenten Yoweri Museveni, der sich geweigert hatte, Damenbinden in Schulen auszugeben, um Aufklärung zu fördern und Tabuisierung entgegenzuwirken. Wegen dieses Versprechens erhielt Musevenibei den Wahlen zahlreiche Stimmen von Frauen. Er kündigte nach seiner Wiederwahl jedoch an, dass das Projekt wegen Geldmangels nicht umgesetzt werden k.nne. Stella Nyanzi organisierte daraufhin mit ihrem Projekt Pads4Girls die Verteilung vonMonatsbinden in Schulen und verglich den Präsidenten in sozialen Medien mit einem „Paar Arschbacken“. Daraufhin wurde sie von der Polizei unter dem Vorwurf der Cyber-Belästigung und der beleidigenden Kommunikation festgenommen. Nach internationalen Protesten wurde sie im Mai 2017 gegen Kaution freigelassen, im Oktober 2018 jedoch erneut inhaftiert. Eine neuerliche Freilassung auf Kaution boykottiertesie mit den Worten: „Ich will nicht frei sein, wenn ich nicht schreiben undMuseveni kritisieren kann“.Im Februar 2020 hob das Berufungsgericht ihr Urteil auf. Stella Nyanzi kam frei, sieht sich seither jedoch ernsten Morddrohungen ausgesetzt, insbesondere nachdem sie die restriktiven Einschränkungen der Meinungsfreiheit während der Pandemie heftig kritisiert hatte. Aufgrund der immer gefährlicher werdenden Lage musste sie Anfang 2021 für mehrere Wochen Zuflucht in Nairobi suchen.Von 1993 bis 1996 studierte Stella Nyanzi an der Markere University in Kampala und beendete das Studium mit einem Bachelor of Arts in Journalismus, Kommunikationswissenschaft und Literatur. In den Jahren 1999 bis 2000 studierte sie am University College London und erlangte einen Master of Science in Medizinischer Anthropologie.
Anschließend erhiel tsie noch einenMaster of Arts in Entwicklungsforschung und Finanzwissenschaften an der Nkumba University.
Stella Nyanzi meldet sich vornehmlich in sozialen Medien zu Wort und schreibt Gedichte mit beißendem Humor im Stil der „radical rudeness“, um Missstände in Uganda anzuprangern. Für ihren kompromisslosen Einsatz für die Meinungsfreiheit wurde sie 2020 mit dem PEN International Award für Freedom of Expression ausgezeichnet.
Ab Februar 2022 ist Stella Nyanzi Stipendiatin des Writers-in-Exile Programms.
- „Stella Nyanzi: Ugandas radikalste Aktivistin“
Portrait von Annabelle Steffes-Halmer in der Deutschen Welle (08.03.2022) - „Uganda: Do government critics have a future in the country?
Gespräch auf Al Jazeera mit Nyanzi und Rukirabashaija in einer Folge von The Stream (07.03.2022) - „Stella Nyanzi nutzt ihr Lächeln als Waffe gegen den Präsidenten Ugandas“
Artikel von Cornelia Geißler in der Berliner Zeitung (01.02.2022) - „I’m free at last“: Uganda’s rudest poet on prison, protest and finding a new voice in Germany“
Artikel von Lizzy Davies auf theGuardian.com (27.01.2022) - „Stella Nyanzi: Mit Worten gegen Ugandas Langzeitherrscher“
Artikel von Anna Lemmenmeier auf SRF (12.01.2021) - „Stella Nyanzi: Für Aufklärung“
Porträt von Charlotte Sophie Meyn bei EMMA (28.06.2017)
Exil: Ein Poem der Hoffnung
Exil – weg von zu Hause!
Flüchten vor politischer Verfolgung,
Flüchten mit nichts als einer Tasche mit dem
Nötigsten,
Flüchten mit meinen Kindern auf dem
Rücken.
Auf jeder Schulter ein Sohn
Und auf dem Rücken meine Tochter.
Flüchten vor den Mördern,
Flüchten vor den Entführern,
Flüchten vor ihnen, die Frauen und Männer
verschleppen
Nur, weil wir zur Opposition gehören.
Exil – ein Ort zum Atmen ooooh und aaaah
Ohne Todesangst,
Ohne Angst vor dem Gefängnis.
Exil – ein Ort zum Träumen, um wieder neu
zu träumen von Befreiung.
Exil – ein Ort, Geschichten zu erzählen von
der Zeit, als wir zu Hause waren.
Erinnere dich daran, Baraka, wie wir zu Hause
waren.
Erinnert euch daran, Wasswa und Kato,
wie wir zu Hause waren.
Exil – ein Ort, zu denken an die Diktatoren,
die mich zu flüchten zwangen,
Wie meine Eltern flüchten mussten,
als ich ein kleines Kind war,
Ein sehr, sehr kleines Kind.
Exil … Exil …
Sie sagen, ich bin „eine Exilantin“.
Sie sagen, ich bin „eine Asylantin“.
Sie sagen, ich bin „eine, die auf ihren offiziellen
Flüchtlingsstatus wartet“.
Sie sagen, ich bin „eine, die von zu Hause
weggelaufen ist“.
Sie haben nicht gesagt, „die von zu Hause
weggelaufen ist“ Nein, nein, nein, nein, nein!
„Sie ist geflüchtet von zu Hause“, haben sie
gesagt.
Und ja, ich bin geflüchtet ins Exil:
Exil in Kenia,
Exil aus Uganda nach Kenia,
Exil in Afrika …
Eine Afrikanerin in Afrika – ist das Exil?
Heißt Exil Afrikaner in Afrika?
Exil – Träumen von zu Hause,
Denken an zu Hause,
Sehnsucht haben nach zu Hause.
Gut wäre der Geschmack von Matooke auf
meinen Lippen,
Doch das ist ein Geschmack, den ich zu bald
schon zu vergessen lerne …
Ach Mensch, Exil!
Doch das Exil wird nicht für immer sein.
Exil ist nicht für immer.
Exil ist keine Kapitulation.
Exil ist nur ein Rückzug, um sich eine
neue Strategie zu überlegen
Damit ich sagen kann zu meinem Kind:
„Ich habe dir die Chance für einen
Neuanfang gegeben.“
Damit ich sagen kann zu meiner Tochter:
„Jetzt kannst du aufs College gehen!“
Aus dem Englischen von Christa Schuenke